Wirtschaftspolitik
EZB hat Leitzinssatz nicht verändert
Duisenberg sieht Konjunkturerholung mit Unsicherheit behaftet
Frankfurt - Die Wirtschaft in der Euro-Zone wird
sich nach Einschätzung von EZB-Präsident Wim Duisenberg erst im
kommenden Jahr erholen. Doch die Unsicherheit beim Konjunkturausblick
sei sehr hoch und der Zeitpunkt einer Erholung deshalb schwer
vorherzusagen, sagte Duisenberg am Donnerstag vor der Presse in
Frankfurt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Leitzinsen wie erwartet
nicht verändert. Die Auf- und Abwärtsrisiken für die Preisstabilität
seien ausgewogen, begründete Duisenberg die Entscheidung.
Zinssenkung in den kommenden Monaten
Analysten rechnen jedoch mit einer Zinssenkung in den kommenden
Monaten, da sich die Konjunkturaussichten stark eingetrübt haben und
die Vertrauenskrise an den Aktienmärkten die gesamte Wirtschaft immer
mehr belastet. Ein stabiles Preisniveau, das vorrangige Ziel der EZB,
sehen viele deshalb nicht gefährdet.
Eine Zinssenkung nach dieser Ratssitzung wäre für die Finanzmärkte
wohl eine Überraschung gewesen, wenn auch eine schöne, sagte Otmar
Lang von der Deutschen Bank. "Die EZB wird in den kommenden drei
Monaten die Zinsen senken, womöglich um 50 Basispunkte. Das Fenster
dafür ist weit offen", fügte er hinzu. Der Preisdruck in der
Euro-Zone werde wegen der schwachen Binnennachfrage weiter
nachlassen. Niedrigere Zinsen würden zu einer verspäteten
Konjunkturerholung im kommenden Jahr beitragen.
Knapp ein Prozent Wachstum erwartet
Viele Wirtschaftsforscher erwarten für die Euro-Zone in diesem
Jahr nur noch knapp ein Prozent Wachstum, für das kommende Jahr
liegen die Prognosen bei rund zwei Prozent. Die EU-Kommission
erklärte in Brüssel, der Aufschwung werde sich aufs nächste Jahr
verschieben. Ein stabiles Preisniveau zu bewahren, ist nach Ansicht
der EZB-Notenbanker der beste Beitrag zum Aufbau von Vertrauen in die
Wirtschaft und zur Rückkehr zu einem stärkeren Wachstum. Die
Inflationsrate liegt derzeit knapp über der Obergrenze von zwei
Prozent, bis zu der die EZB Preisstabilität gewährleistet sieht.
Der Schlüsselzins in der Euro-Zone liegt seit November vergangenen
Jahres bei 3,25 Prozent. Die EZB ließ auch den Zinskorridor für den
Geldmarkt unverändert mit 2,25 Prozent für Übernachteinlagen der
Banken bei der EZB und 4,25 Prozent für Übernachtkredite.(APA/Reuters)