Deutschland
"Projekt 18"-Erfinder tritt aus FDP aus
Wahlkampfstratege aus innerstem Machtzirkel und enger Vertrauter Möllemanns - Sechs Wochen Ruhe für den nordrhein-westfälischen Chef
Berlin/Düsseldorf - Fritz Goergen, einer der führenden
Wahlkampfstrategen der FDP und Erfinder des "Projekt 18", ist aus der
Partei ausgetreten. FDP-Chef Guido Westerwelle habe von Goergen die
Kopie einer schriftlichen Austrittserklärung erhalten, sagte ein
FDP-Sprecher in Berlin und bestätigte damit am Mittwoch einen
Vorausbericht der "Bild"-Zeitung. Goergen selbst war zunächst nicht
für eine Stellungnahme zu erreichen. Nach Darstellung von "Bild"
begründete er die Entscheidung mit persönlichen Motiven.Vertrauter Möllemanns
Der im Rheinland lebende gebürtige Österreicher Goergen gilt als
enger Vertrauter des nordrhein-westfälischen FDP-Landeschefs Jürgen
Möllemann. Möllemann war von der Parteispitze wegen seiner
Israel-Kritik für das schlechte Abschneiden der FDP bei der
Bundestagswahl verantwortlich gemacht und zum Rücktritt von seinen
Spitzenämtern gedrängt worden. Wegen einer Erkrankung Möllemanns
wurde ein für vergangenen Montag angesetzter Landesparteitag
abgesetzt, auf dem über das politische Schicksal des umstrittenen
FDP-Politikers entschieden werden sollte.
Strategieberater Westerwelles
Unter Goergens Wahlkampf-Regie hatte die FDP bei der Landtagswahl
in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2000 ihr Ergebnis mehr als verdoppelt.
FDP-Chef Westerwelle machte ihn daraufhin im Bundestagswahlkampf zu
seinem Strategieberater.
Genscher holte ihn in die Partei
Goergen zählte zum innersten Machtzirkel der Liberalen. Er gilt
als eigentlicher Erfinder der FDP-Kanzlerkandidatur und der
"Strategie 18 Prozent". Der FDP-Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich
Genscher hatte Goergen 1968 in die FDP geholt. Von 1979 bis 1983 war
er Bundesgeschäftsführer der Partei, bis 1996 hatte er Spitzenämter
in der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung inne. Danach machte er
sich als Berater selbstständig.
Sonderparteitag wegen Möllemanns Herzrhythmusbeschwerden verschoben
Die Klinik, in der sich der Chef der
nordrhein-westfälischen FDP, Jürgen Möllemann seit vergangenem
Sonntag befindet, hat dem Politiker eine mehrwöchige Pause verordnet.
Der Sonderparteitag der nordrhein-westfälischen FDP, bei dem über das
politische Schicksal Möllemann entschieden werden soll, kann demnach
frühestens Mitte November stattfinden. Möllemann könne seine
beruflichen Aufgaben "sicherlich in den nächsten vier bis sechs
Wochen nicht wahrnehmen", teilte die Raphaelsklinik in Münster am
Mittwoch mit.
Vertrauensfrage am Parteitag
Der umstrittene Politiker war am Wochenende mit
Herzrhythmusbeschwerden in die Klinik eingeliefert worden. Die
Landes-FDP hatte darauf hin einen für vergangenen Montag anberaumten
Sonderparteitag wegen Möllemanns Erkrankung verschoben. Auf dem
Parteitag wollte Möllemann ebenso wie sein vom FDP-Bundesvorsitzenden
Guido Westerwelle unterstützter Konkurrent um das Amt des
Landesvorsitzenden, Andreas Pinkwart, die Vertrauensfrage stellen. Die
stellvertretende FDP-Landesvorsitzende Ulrike Flach hat gesagt, einen
Parteitag ohne Möllemann werde es nicht geben. (APA/Reuters)