Wien - Im europäischen Alltag gebe es über den Islam nur ganz spezifische, medial geprägte Bilderwelten, beklagt der Kulturveranstalter Norbert Ehrlich: "Zuerst waren es die verschleierten Frauen in Afghanistan, dann gab's Szenenwechsel, und jetzt ist es der Irak." Andere Art von Wirklichkeit Mit dem am 22. Oktober startenden Festival "Salam.Islam" möchte Ehrlich "Gegenbilder darstellen" und "eine etwas andere Art von Wirklichkeit zeigen", erläuterte er am Dienstag. 13 Programme sollen in der Szene Wien, im Wiener Konzerthaus, im Museumsquartier und bei einem orientalischen Abend im Restaurant Dionysos zwischen den Kulturen vermitteln. Die Notwendigkeit dieser Vermittlungsarbeit betonten alle Beteiligten. "In meinen zahlreichen Begegnungen mit KünstlerInnen aus dem islamischen Kulturraum ist mir aufgefallen: Zuerst gab es eine große Behutsamkeit, eine Reserve, eine Distanz. Sie haben sich gefragt: Will er uns instrumentalisieren?" erzählte der "Szene Wien"-Leiter Ehrlich, "Schön langsam ist dann eine Basis entstanden. Dennoch haben auch Künstler abgesagt. Und immer wieder haben wir gehört: Wir haben Angst. Auf mein Konzept hab ich dann geschrieben: Keine Angst!" Der Palästinenser Marwan Abado, Leiter eines begleitenden Schul-Workshops, ergänzte: "Seit 17 Jahren lebe ich in Wien, und es tut ein bisschen weh, dass wir uns erst seit dem 11. September des vergangenen Jahres mit der Thematik beschäftigen. Anscheinend brauchen wir Menschen dramatische Ereignisse, damit wir endlich Augen und Ohren aufmachen." Differenzierte Szene Ehrlich hatte bereits anlässlich der Planung des "Focus on Israel"-Festivals im vergangenen Herbst die Idee zu einem Festival, das die vielschichtigen und differenzierten Kulturen des Islam ansatzweise präsentiert. "Eine der Intentionen war es, dass man diesen Monolithen Islam aufbricht. Bei meinen Recherchen war ich dann wirklich verblüfft, was es alles an Aktivitäten in dieser Stadt gibt, von denen man in den Medien praktisch nie liest oder hört: Es gibt hier eine völlig komplexe, differenzierte Szene." Zusammenarbeit zwischen Gästen aus dem Orient und hier lebenden KünstlerInnen steht daher auch im Mittelpunkt einiger Programmpunkte des Festivals. So gibt es am 30. Oktober in der Szene Wien ein Aufeinandertreffen des arabischen Oud-Spielers Dhafer Youssef und des österreichischen Jazz-Gitarristen Wolfgang Muthspiel, präsentieren der österreichische Musiker Werner Puntigam und der Senegalese Pathe Beye am 6. November gemeinschaftliche Musikprojekte, widmet sich die heimische Autorin Barbara Frischmuth gemeinsam mit dem Mansur Bildik Ensemble und dem Saz-Spieler Ali Ekber Cicek der islamischen Minderheit der AlewitInnen und gibt Schauspielerin Anne Bennent gemeinsam mit dem "Vienna Rai Orchester" von Otto Lechner und Kadero Ray die alte persische Liebesgeschichte von Leila und Madschnun zum Besten. Weitere Programm-Höhepunkte Ein Auftritt tanzender Derwische aus Damaskus zur Eröffnung am 22. Oktober im Museumsquartier (Halle E), die Österreich-Premiere der "Master Musicians of Jajouka" (für Beat-Poet William S. Bourrough eine "4.000 Jahre alte Rock'n Roll Band") am 24. Oktober im Konzerthaus und das Gastspiel der senegalesischen Popgruppe "Orchestra Baobab" am 12. November in der Szene Wien. Eine Podiumsdiskussion über "Christentum und Islam - Chancen und Risiken im 21. Jahrhundert" rundet am 14. November im Festsaal der Diplomatischen Akademie das Kulturprogramm ab. (APA)