Film
Menschliche Verblendung
The Closer Look: Kurzfilm-Programm im Wiener Stadtkino präsentiert Arbeiten aus Österreich, Kanada und den USA
Wien - Das Wiener Stadtkino bietet dem schwierigen und in
Österreich vernachlässigten Kurzfilm einen verdienten Rahmen. Unter
dem Titel "The Closer Look" wird seit Ende vergangener Woche bis 17.
Oktober jeden Abend ein Programm mit acht Kurzfilmen aus Österreich,
Kanada und den USA gezeigt. Die aufgehende Sonne, die im Mittelpunkt
des vierminütigen ersten Streifens steht, symbolisiert die
menschliche Verblendung, die sich als Motiv durch viele Werke zieht.
Ansonsten haben die Filme nicht sehr viel gemeinsam, wenngleich jeder
auf seine Art gelungen ist.Licht in Abwesenheit der Welt
Enttäuschte Erwartungen machen in "Real Time" (2002) des
Österreichers Siegfried Fruhauf dem Betrachter deutlich, dass Kino
die Anwesenheit von Licht in Abwesenheit der Welt ist. Ein Film ist
nicht mehr als Farbe auf einer ansonsten weißen Leinwand, mit dem
Aufgang der Sonne beginnt das Sein im dunklen Saal.
Ganz anders hingegen gibt sich Guy Maddins "The Heart of the
World" (2000), eine zur rasanten Unterhaltung gesteigerte
Slapstick-Parodie mit starkem Bezug auf späte Stummfilme und erste
Tonfilme. Die rasante, ruckhafte Darstellungsform abseits der
üblichen Sehgewohnheiten fordert und belohnt das Auge. Die
Protagonistin des vom Österreichischen Filmmuseum angekauften
Streifens wandelt sich vom starren Beobachter zum aktiven Kern der
Projektion und macht das entscheidende Wort sichtbar: "Kino" heißt
die Botschaft, die sie kommuniziert.
Krankhafte Selbstdarstellung
Aus der Reihe fällt eine Dokumentation: "Moscouw" (2001) des
Österreichers Joerg Burger beschreibt die Obsessionen, die die
öffentlichkeitsscheue Fotografin Michaela Moscouw zu ihrer fast schon
krankhaften täglichen Selbstdarstellung zwingen. Das intime Gespräch,
aufgezeichnet auf Tonband, zeigt einen Menschen am Rande des
Existenzminimums, der um seine künstlerische Freiheit ebenso wie um
das Überleben fürchtet.
Zerhackte Sprachfetzen
Peter Tscherkassy ist mit gleich drei Filmen etwas großzügig
vertreten. "L'Arrivee" (1998), "Outer Space" (1999) und "Dream Work"
(2001) arbeiten in ähnlicher Weise mit Überlagerungen von Bildern,
Fragmenten der Lichttonspur und stark zerhackten Sprachfetzen.
Der Abend hinterlässt seine Betrachter nicht zufrieden
eingeschläfert, sondern wach und nachdenklich. Eine angenehme
Abwechslung und gute Einstimmung auf die heurige Viennale, die am 18.
Oktober in Wien startet.
(APA)