Ist es eine Katastrophe, wenn - wie derzeit an der Wiener Wirtschaftsuni - Studenten in Kinosälen unterrichtet werden? Genau genommen nicht. Außer vielleicht, dass man in gut gepolsterten Sitzen viel schneller einschläft. Die WU hat es immer geschickt verstanden, ihre Nöte medienwirksam zu vermarkten. Auf diese Weise hat sie von erschrockenen Bildungsministern stets mehr Geld herausgerissen, obwohl viele Institute an der Uni Wien vom Standard der WU nur träumen können.Der Zeitpunkt für einen kleinen Aufschrei ist jedenfalls nicht schlecht gewählt: Knapp vor einer Wahl hat eine Regierung wenig Lust auf Rabatz. Ein schon lange versprochenes leer stehendes Gebäude neben der WU wird jetzt wohl ziemlich schnell bereitgestellt. Nicht ganz so flott dürfte die Personalsituation bereinigt werden: Das Zahlenverhältnis zwischen Lehrenden und Studenten ist hier schlecht, keine Frage. Doch wenn die Unis tatsächlich ab 2004 ihre Studiengebühren (die die SPÖ allerdings abschaffen will) einbehalten dürfen, dann profitiert die WU überproportional. Das bedeutet mehr Geld für die Lehre. Der derzeitige Run der Erstsemestrigen auf ein Wirtschaftsstudium zeigt zweierlei: dass Studiengebühren keine nennenswerte Hürde bilden. Und dass man in wirtschaftlich schlechteren Zeiten lieber auf Nummer sicher geht, statt Fächer mit höherem Spaßfaktor, aber unklarer Zukunft zu wählen. Möglicherweise inskribieren manche auch nur, weil sie noch keinen Job gefunden haben, und streben nicht unbedingt einen Abschluss an. Na und? Schließlich kann man sich selbst in einigen wenigen Semestern Know-how für später aneignen. Die Idee mit dem Kino könnte jedenfalls von einem findigen Studienabbrecher stammen: Besser kann man die derzeit massenhaft leer stehenden Säle gar nicht nutzen. (DERSTANDARD, Printausgabe, 8.10.2002)