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Johannes Voggenhuber: Wachsender Konsens bei EU-Verfassung

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger
Wien - Ist er nun ein Glasperlenspiel, oder ist er doch eine Revolution, jener europäische Verfassungskonvent, der seit Monaten tagt, um die verwirrenden Vertragsgrundlagen der EU zu entrümpeln und auf eine neue Basis zu stellen? Johannes Voggenhuber, grüner EU-Abgeordneter und Konventsmitglied, zeigte sich am Montag bei einer Veranstaltung der Grünen Bildungswerkstatt im Parlament zunächst optimistisch, ja fast schon enthusiastisch, was den Schaffensprozess der 105 Verfassungsdenker betrifft. Der Konvent "findet zu sich selbst", die Lagerbildung zwischen einem "Regierungs- und einem Einheitseuropa" sei ausgeblieben, und zudem bilde sich mannigfaltiger Konsens. Fragiler Konsens zwar, doch eben Konsens herrsche etwa in der Vorstellung, dass Europa einer Verfassung und einer eigenen Rechtpersönlichkeit bedürfe und die Kontrollrechte des Parlaments ausgeweitet werden müssen. Voggenhubers Mitdiskutanten auf dem Podium, namhafte Politologen und Verfassungsrechtler, stimmten zwar darin überein, dass der Konvent spektakuläre Erfolge aufzuweisen habe, doch erhoben sich auch eine Reihe unangenehmer Fragen zur Zukunft der Union. Der Innsbrucker Völkerrechtler Waldemar Hummer zeigte sich pessimistisch über das am 19. Oktober bevorstehende Referendum in Irland, ein Nein werde aber einen "juristischen Supergau auslösen". Europa werde dann auf Jahre hinaus mit der Aufgabe beschäftigt sein, diesen Schaden rechtlich zu sanieren, was auch Energie vom Konvent abziehen werde. Der Politologe Heinrich Neisser meinte, die EU habe in der Frage des Irland-Referendums tatsächlich "Scharlatanerie" betrieben und mahnte generell an, die Frage der Bürgerbeteiligung in Europa umfassender zu debattieren. Thema Europa unterspielt Die Politologin Sonja Puntscher-Riekmann (Salzburg) gab zu bedenken, dass Gelingen oder Scheitern des Verfassungskonvents letztlich davon abhängen werde, ob es den Konventsmitgliedern gelingt, die entsprechende Öffentlichkeit für ihre Anliegen zu schaffen. Bisher kümmerten sich die europäischen Parteien und Medien viel zu wenig um das Thema Europa. Voggenhuber sah sich durch diese Wortmeldungen veranlasst, seien Optimismus ein wenig zu modulieren. Es liege ihm mitnichten daran, übertriebene Hoffnungen zu schüren, dass die Regierungen genug Obstruktionmöglichkeiten hätten, um den Einigungsprozess zu unterlaufen, sei unbestritten: "Der Konvent hat aber einen Grundriss entworfen, auf dem das europäische Haus errichtet werden könnte. Noch unbeantwortet ist die Frage, ob am Ende dann nicht doch nur ein Kiosk darauf gebaut wird." (DERSTANDARD, Printausgabe, 8.10.2002, win)