Fotografie erlebt mit ihrer Digitalisierung einen zweiten Frühling: Stagnierenden Analogkamera-Verkäufen stehen seit einigen Jahren Boomzahlen beim Verkauf von Digitalkameras gegenüber, die bereits Filmapparate überholt haben. Aber das für die Branche erfreuliche Wachstum hat auch eine bedrohliche Seite: Den Verlust an Ausarbeitungsgeschäft, da Bilder teils nur noch elektronisch verteilt werden, teils am Drucker daheim statt im Labor fertig gestellt werden. Wachstumschance Jetzt beginnt die Fotoindustrie offensichtlich auch diesen Teil der Digitalisierung als neue Wachstumschance zu begreifen und bietet dafür sowohl geeignete Hardware (Ausarbeitungskioske) als auch "Software" (Verkaufsmodelle) an. Praktisch alle Hersteller, wie Kodak oder Fuji, zeigten vor kurzem bei der Photokina in Köln ihre Modelle, wie künftig der Weg von der elektronischen Datei zum Papierbild flächendeckend geebnet werden soll. Kodak will dafür so genannte "Digital Order Stations" überall dort aufstellen, wohin derzeit Filme zur Ausarbeitung gebracht werden. Dort werden die eben aufgenommenen Bilder vom Speicher der Kamera (in den unterschiedlichen gängigen Formaten) auf eine CD gebrannt, die dann ans Labor zur Ausarbeitung geht. Die CD erhält man zusammen mit den Ausarbeitungen als Archivmedium zurück. Zusätzliche Dienste Damit kann Kodak die gewohnte Ausarbeitungskette anbieten. Wahlweise können die Bilder aber auch über Internet an das Labor zur Ausarbeitung geschickt werden und werden dann über den Fachhandel oder den Supermarkt zugestellt. Die Internet-Funktionalität erlaubt zusätzliche Dienste (wie ein elektronisches Fotoalbum für Freunde), die teils bezahlt, teils unentgeltlich angeboten werden. Eine Lösung hat Kodak auch bereits für die jüngste Entwicklung: Bilder, die mit dem Handy geknipst werden. Mithilfe einer eigenen Software am Bildhandy werden diese Bilder an ein Labor gesendet, der Fotograf erhält eine Bestellnummer zur Abholung bei seinem Händler. Wege Einen anderen Weg, der der Spontaneität von digitaler Fotografie entspricht, geht KIS, die britische Photo-Me-Group, die u.a. für ihre "Prontomat"-Fotoautomaten (Passbilder) und die Ausstattung von Minilabors bekannt ist. Auch KIS setzt auf den Kiosk, allerdings nicht als Transferstation zum Fotolabor, sondern komplett mit eingebautem Minilabor. Die KIS-Kioske nehmen gleichfalls alle Arten von Speichermedien auf; im Selbstbedienungsverfahren werden die gewünschten Bilder ausgesucht, können auch etwas bearbeitet werden und werden dann auf Papier belichtet - nach drei Minuten das erste Bild, Folgebilder gehen schneller. KIS setzt u.a. darauf, dass Touristen auf diese Art und Weise den vollen Speicher ihrer Kamera "entladen" wollen und die Bilder gleich mitnehmen. (Helmut Spudich, DER STANDARD Printausgabe, 8. Oktober 2002)