International
Kaum Rückschlüsse auf Nationalratswahl
Meinungsforscher: FPÖ wird verlieren, aber kein Rückschluss möglich, wer davon am stärksten profitiert
Wien - Die Meinungsforscher messen den Kommunalwahlen im
Burgenland keine allzu große Aussagekraft für die
Nationalratswahlen zu. Es habe sich bestätigt, was man wisse -
nämlich, dass die FPÖ nach dem Crash in der Bundespartei im Vormonat
mit Verlusten rechnen muss. Rückschlüsse, welche Partei davon am
meisten profitieren wird, lassen sich nicht ziehen, war der Tenor der
befragten Meinungsforscher. Bei der Gemeinderatswahl im Burgenland hat die SPÖ deutlich
stärker zugelegt als die ÖVP. Dies sei aber nicht auf die
Nationalratswahl am 24. November umzulegen, meinte Wolfgang Bachmayer
von OGM: "Da schlägt das typische kommunale Element durch, dass die
schon vorher vorherrschende politische Situation (die SPÖ lag
deutlich vorne, Anm.) stärker wiegt. Es sei wohl "die bessere
Performance der mehrheitlichen Bürgermeister-Partei SPÖ", die wohl
auch viele frühere FPÖ-Wähler angezogen habe. Eine Auswirkung auf die
anderen Parteien sieht er aber: "SPÖ, ÖVP, aber auch die Grünen,
werden einen atmosphärischen Klimagewinn lukrieren. Sie können sich
jetzt bestärkt fühlen und noch zuversichtlicher in die
Nationalratswahl gehen."
Karmasin sieht "Tendenzeinfluss"
Während etliche Meinungsforscher als auch Meinungsinstitute von den Burgenlandwahlen nicht auf die Nationalratswahlen schließen , so geht Fritz Karmasin von Gallup davon aus, dass jene auf die Nationalratswahl einen "bestimmten Tendenzeinfluss" haben werden. Er denke doch, dass Wähler, die angesichts der Ereignisse in der Bundespartei, von der FPÖ abgewandert sind, "in ihrer Entscheidung etwas bestärkt" werden. Keinen Einfluss habe das Burgenland-Ergebnis aber auf "Menge, Zahlen oder Richtung" der Abwanderung, sagte Karmasin.
Freilich seien Gemeinderatswahlen etwas anderes als Landtags- oder Nationalratswahlen, aber auf das "Meinungsklima" würden ihre Ergebnisse doch wirken: "Wenn jetzt bestätigt wurde, was die Umfrageforschung gesagt hat, dann bestärkt das natürlich die Leute in ihrem Bewusstsein", ist Karmasin überzeugt. Er sieht vor allem Auswirkungen auf das Verhalten der Unentschlossenen, und das seien derzeit "sicherlich noch mehr als 25 Prozent".
Große Zahl Unentschlossener
Imma Palme vom IFES-Institut schätzt die Zahl der Unentschlossenen - breit definiert - sogar auf ungefähr die Hälfte. "Es wird stark auf den Wahlkampf ankommen und auf die letzten zwei Wochen vor der Wahl", sagte sie. Rückschlüsse der Burgenland-Ergebnisse auf die Nationalratswahlen sind für sie "teilweise" möglich - und zwar was die FPÖ betrifft: Deren "großer Erosionsprozess" sei gestern deutlich sichtbar geworden. Palme geht von "herbsten Stimmenverlusten" der FPÖ auch bei der NR-Wahl aus, weil "noch nichts aufgetaucht ist, das darauf hindeutet, dass diese Erosion gestoppt werden kann". Nicht "1:1" auf die NR-Wahl umgelegt werden könnten die deutlichen Gewinne der SPÖ. "Aber ein Wahlerfolg am Weg zu einer großen Wahl beflügelt die Stimmung der MitarbeiterInnen", so Palme.
Das SORA-Institut sieht deutliche Zeichen, dass österreichweite Trends bei der Burgenland-Wahl wirksam waren. In einer Wahlanalyse wird darauf verwiesen, dass die FPÖ-Verluste bei der gestrigen Wahl in einer Serie von Niederlagen der FPÖ stehen. Seit Beginn der schwarz-blauen Koalition im Februar 2002 habe die FPÖ bei allen Wahlen verloren. Die SPÖ habe hingegen seither eine "Serie von Wahlsiegen" zu verzeichen, mit Ausnahme der steirischen Landtagswahl.(
Gewinne der SPÖ eindeutig ein kommunaler Erfolg
Einig sind die Meinungsforscher aber: Die deutlichen Zugewinne der
SPÖ waren ein kommunaler Erfolg, "kein Hin- und Herströmen der
Wählerschaft" (Bachmayer). Aber: "Dass es Zugewinne bei SPÖ, ÖVP und
den Grünen gibt, wird wahrscheinlich das Grundmuster der nächsten
Wahlgänge sein", meint Werner Beutelmeyer vom Linzer market-Institut.
Mehr sei aus der Burgenland-Wahl nicht ableitbar: "Die
überproportionalen Zugewinne der SPÖ werden nicht symptomatisch sein.
Auf Grund der derzeitigen Datenlage (aus den Umfragen, Anm.) wird die
ÖVP am stärksten profitieren."
Jedenfalls habe, so Beutelmeyer, das Burgenland-Ergebnis "ganz
große Signalwirkung für die Freiheitlichen. Die müssen sich warm
anziehen". Auch für Imma Palme vom IFES-Institut "deutet nichts
darauf hin, dass der Erosionsprozess der FPÖ gestoppt wäre". Klar
bestätigt hat sich für Bachmayer mit der Burgenland-Wahl eines: "Man
sieht deutlich, dass sich die Ereignisse auf Bundesebene bis auf die
kommunale Ebene durchschlagen. Das ist kein kommunalpolitisches
Ergebnis der FPÖ, sondern im allergrößten Ausmaß eine Reaktion auf
die bundespolitischen Ereignisse."
"Überhaupt keine Aussagekraft"
"Dass es der FPÖ nicht gut geht, weiß man eh" - und dies habe sich
halt auch im Burgenland gezeigt, sagte Peter Ulram vom
Fessl-Institut. Er sieht überhaupt keine Aussagekraft des
Burgenland-Ergebnisses für die Bundeswahl: "Kommunalwahlen sind
erfahrungsgemäß sehr stark von lokalen Faktoren gekennzeichnet." Im
Burgenland habe es stark unterschiedliche Ergebnisse gegeben, die ÖVP
habe teilweise bis zu 15 Prozentpunkte gewonnen, teilweise aber auch
zwölf Prozentpunkte verloren. "Realistischer" ist für Ulram das
Ergebnis der Gemeinderatswahl gestern, Sonntag, in Krems: "Das war
schließlich der Herkunftsort der Revoluzzer von Knittelfeld. Dort hat
sich die FPÖ halbiert." (APA)