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Das deutsche Bundes-Verfassungsgericht berät über das weitere Vorgehen in dem Verfahren zum Verbot der rechtsextremen NPD

foto: reuters/kessler
Karlsruhe - Mit einem Erörterungstermin vor dem deutschen Bundesverfassungsgericht ist das Verfahren über ein Verbot der rechtsextremistischen NPD in die entscheidende Phase getreten. Die Anhörung vor dem Zweiten Senat in Karlsruhe am Dienstag soll klären, welchen Einfluss V-Leute des Verfassungsschutzes in der NPD haben. Nach Ansicht von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat, die den Verbots-Antrag gestellt haben, ist die NPD nicht von den V-Leuten des Verfassungsschutzes fremdgesteuert worden. Anwalt des Bundes: V-Leute seien allesamt "überzeugte Rechtsextremisten" Der Prozess-Bevollmächtigte des Bundes, Wolfgang Löwer, sagte: "Es ist nicht so, dass wir die V-Leute einfach nur zurückziehen müssen und die NPD würde implodieren." Die V-Leute seien allesamt "überzeugte Rechtsextremisten" und ihre Äußerungen auch nicht von den Verfassungsschutzbehörden vorgegeben. Horst Mahler als Prozess-Bevollmächtigter der rechtsradikalen NPD und ehemaliges Mitglied der linksextremistischen Terrorgruppe Rote Armee Fraktion (RAF), stellte vor den Richtern offen die Gültigkeit des Grundgesetzes in Frage. Von der Beurteilung der V-Leute-Tätigkeit hängt ab, ob das NPD-Verbotsverfahren fortgesetzt werden kann oder neu eröffnet werden muss. Zuversicht bei Schily und Beckstein Innenminister Otto Schily (SPD) und sein bayerischer Amtskollege Günther Beckstein (CSU) zeigten sich vor Beginn der Anhörung zuversichtlich über das weitere Verfahren. Aber auch der NPD-Vorsitzende Udo Voigt erklärte, er vertraue auf die Urteilsfähigkeit des Bundesverfassungsgericht. Das Verfassungsgericht hatte das Verfahren im Januar 2002 vorläufig gestoppt, nachdem bekannt geworden war, dass in den Verbotsanträgen Äußerungen von V-Leuten als Beweise aufgeführt sind. Während des ganztägigen Termins unter Vorsitz von Gerichtsvizepräsident Winfried Hassemer am Dienstag waren keine Beweisaufnahme und keine Zeugenvernehmungen vorgesehen. Als Vertreter der Antragsteller reiste neben Schily und Beckstein auch der niedersächsische Innenminister Heiner Bartling angereist. Für die NPD kamen neben Voigt und Mahler weitere 16 Vorstandsmitglieder. Schily: "zur sachlichen Argumentation zurückkehren" Schily sagte vor Beginn des Erörterungstermins, er rechne mit einer ordnungsgemäßen Fortsetzung des zurzeit ausgesetzten Verfahrens. Die V-Mann-Problematik sei in den Medien zum Teil stark übertrieben dargestellt worden. "Ich hoffe, dass wir nun zu einer sachlichen Argumentation zurückkehren können", sagte der SPD-Politiker. Beckstein: "unappetitliche, aggressiv-kämpferische Partei" Der bayerische Innenminister Beckstein erklärte, die NPD sei ganz offensichtlich eine "unappetitliche, aggressiv-kämpferische Partei", die sich gegen die Verfassung richte. Der CSU-Politiker wies den Vorwurf zurück, der Staat habe V-Leute in die NPD eingeschleust und diese damit gesteuert. "Ein V-Mann ist nicht etwa ein Mitarbeiter der Polizei oder des Verfassungsschutzes, der dienstliche Befehle bekommt, sondern ein Mitglied der NPD, das sich immer zu den Zielen der Partei bekannt hat, aber für ein paar Hundert Mark im Monat seine Informationen an den Staat weitergegeben hat", sagte Beckstein. Der NPD-Vorsitzende Voigt antwortete vor Journalisten auf die Frage, ob seine Partei von Geheimdienstspitzeln ferngesteuert worden sei: "Das weiß ich nicht. Vielleicht kennen wir ja noch gar nicht alle." Mahler: missachteten "den Willen des deutschen Volkes" NPD-Parteianwalt Mahler sagte in dem Verfahren, das Grundgesetz der Bundesrepublik werde fälschlicherweise als Verfassung des deutschen Volkes angesehen. Er fügte hinzu: "Das deutsche Volk hatte aber noch nie die Möglichkeit, sich selbst eine Verfassung zu geben." Mit Blick auf die Ausländer- und Zuwanderungspolitik sagte das ehemalige RAF-Mitglied Mahler, die politischen Parteien im Bundestag missachteten "den Willen des deutschen Volkes, ihre völkische Geschlossenheit zu bewahren". Mahler war 1973 wegen Bankraubes und Gefangenenbefreiung zu 14 Jahren Haft verurteilt worden war. Nachdem seine Strafe 1980 zur Bewährung ausgesetzt worden war, erreichte er seine Wiederzulassung als Rechtsanwalt. (APA/AP/dpa)