Valencia - Der Pionier des belgischen Spielfilms Andre
Delvaux ist Freitag Abend 76jährig im spanischen Valencia
gestorben. Der Meister des "realisme magique" sei während
eines Künstlertreffens in der Stadt einem Herzinfarkt erlegen, heißt
es in einer Aussendung der Organisatoren des Treffens. Delvaux ist im
Kongresspalast der Stadt zusammengebrochen und konnte trotz
45-minütiger Bemühungen der Ärzte nicht wiederbelebt werden.
Werdegang
Delvaux wurde am 21. März 1926 in Heverlee in Belgien geboren und
hat in Brüssel Germanistik und Recht sowie Klavier und Komposition
studiert. Als er in Brüssel Stummfilme am Klavier begleitete,
entdeckte Delvaux das Kino für sich. Sein Ruhm, ja Mythos, gründet
sich auf vier zwischen Realität und Imagination angesiedelten Filmen.
Sein Spielfilmdebüt "L'Homme au Crane Rase" (Der Mann, der sich die
Haare schneiden ließ), eine in drei scheinbar voneinander unabhängige
Teile aufgesplittete Geschichte einer amour fou, wurde 1966 von der
Fachpresse als "vielleicht die wichtigste kinematographische
Entdeckung des Jahres - wenn nicht des letzten Jahrzehnts" gefeiert.
Es folgten die Streifen "Un soir, un train" (Ein Abend, ein Zug),
"Rende-vous a Bray" und "Belle", alle in der für Delvaux typischen
somnambulen Atmosphäre zwischen Traum und Wirklichkeit. Danach drehte
der Sohn des surrealistischen Malers Paul Delvaux nur mehr drei
Kinospielfilme, die außerhalb Belgiens aber kaum bekannt wurden.
"Avec Dieric Bouts"
Als ein Höhepunkt von Delvaux' Schaffen gilt die nur wenige
Minuten lange freie Ton-Bild-Montage "Avec Dieric Bouts" (1975) über
"Das letzte Abendmahl" des spätmittelalterlichen flämischen Meisters,
zu seinen ungewöhnlichsten Arbeiten zählt "Babel Opera" (1985), eine
Dokumentation über die Proben von Mozarts "Don Giovanni" unter
Karl-Ernst Herrmann und Sylvain Cambreling, verschränkt mit einer
fiktiven Handlung und Bildern aus dem nebelverhangenen Belgien. Seine
letzte Arbeit "1001 Films" (1989) ist eine Huldigung des frühen
archaischen Kinos von Melies und Zecca und ein Appell zur Bewahrung
und Konservierung bedrohten Filmmaterials. (APA)