John Walker Lindh profitiert von umfangreichem Geständnis und entgeht damit Verurteilung zu lebenslanger Haft
Redaktion
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Washington/Alexandria - "US-Taliban" John Walker
Lindh ist am Freitag von einem Gericht in Alexandria (Virginia) zu 20
Jahren Gefängnis verurteilt worden. Bevor der Richter das Strafmaß
verkündete, erteilte der 21-Jährige dem Terrorismus eine Absage und
bezeichnete es als "Fehler", sich jemals den Taliban in Afghanistan
angeschlossen zu haben.
Bereits im Juli hatte sich Lindh des Sprengstoffbesitzes und der
Unterstützung des Taliban-Regimes schuldig bekannt. Er vermied
dadurch einen Prozess und zugleich eine möglicherweise höhere Strafe:
Im Gegenzug zu dem Schuldbekenntnis ließ die Bundesanwaltschaft einen
schwerer wiegenden dritten Anklagepunkt - Verschwörung zur Ermordung
von Amerikanern - fallen. In der Vereinbarung mit der Anklage vom
Juli sagte Lindh Zusammenarbeit mit den Behörden zu - eine Auflage,
die er den Anklägern zufolge erfüllte.
Der Fall des "amerikanischen Taliban" hatte international für
Schlagzeilen gesorgt. Walker Lindh war in einer behüteten Umgebung in
Kalifornien aufgewachsen, konvertierte als Teenager zum Islam und
siedelte dann zum Studium der arabischen Sprache in den Jemen um.
Wenig später ließ er sich in einem Camp der El-Kaida-Terroristen in
Pakistan und Afghanistan an Waffen ausbilden und schloss sich den
Taliban-Kämpfern an. Im Zuge der Niederschlagung des Gefangenen-
Aufstands von Mazar-i-Sharif wurde er Ende letzten Jahres gefangen
genommen.
Vor dem Gericht in Alexandria hielt der 21-Jährige eine
14-minütige von starken Emotionen geprägte Rede. Er verurteilte
zugleich die Terrorattacken der El-Kaida, die völlig im Widerspruch
den Lehren des Islam stünden und "durch nichts gerechtfertigt" seien.
Unter Tränen sagte er vor Gericht in Alexandria im US-Staat Virginia,
er glaube, dass Terrorismus niemals gerechtfertig sei, um Probleme zu
lösen. In einer 20-minütigen Erklärung sagte Lindh, wenn er damals
gewusst hätte, dass die Taliban dem Terrornetzwerk von Osama bin
Laden Unterschlupf böten, hätte er sich ihren Truppen niemals
angeschlossen. Er habe die Nordallianz in Afghanistan bekämpfen
wollen und nie damit gerechnet, auf Amerikaner zu treffen. Wörtlich
sagte Lindh: "Ich habe einen Fehler gemacht, indem ich mich den
Taliban anschloss."
Nach Medienberichten gab Walker Lindh den Ermittlungsbeamten
während zahlreicher Verhöre "interessante" Informationen. Danach hat
Lindh nach dem 11. September letzten Jahres zwei weitere noch
schlimmere Attacken erwartet. Grund für diese Annahme sei ein
Gespräch zwischen El-Kaida-Ausbildern gewesen, das Lindh mitgehört
habe. Dabei sei von einem Anschlag auf nukleare Einrichtungen oder
von einer Attacke mit biologischen Waffen die Rede gewesen. (APA/dpa/AP)
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