Deutschland
20 Milliarden Euro Einsparungen diskutiert
Konkrete Einsparvorschläge hat Treffen der SPD- und Grünen-Finanzexperten mit Finanzminister Hans Eichel nicht ergeben
Berlin - SPD und Grüne in Deutschland müssen nach
den Worten der Grünen-Finanzexpertin Christine Scheel für 2003
insgesamt rund 20 Milliarden Euro bei Subventionen und steuerlichen
Vergünstigungen einsparen. Allein die vollständige Umsetzung der
Hartz-Pläne zur Reform des Arbeitsmarktes koste rund zehn Milliarden
Euro, sagte Scheel am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters nach
einem Gespräch der SPD- und Grünen-Finanzexperten mit Finanzminister
Hans Eichel (SPD) in Berlin. Hinzu komme die von Eichel schon früher
genannte Haushaltslücke von zehn Milliarden Euro. Ein Sprecher des
Arbeitsministeriums trat diesen Zahlen zum Hartz-Konzept entgegen.
"An den zehn Milliarden Euro ist nichts dran", sagte er. Die Kosten
der Hartz-Umsetzung würden zudem aus dem Haushalt der Bundesanstalt
für Arbeit gedeckt.Will Einsparungen ohne höhere Steuern erreichen
In dem zweistündigen Treffen bei Eichel sei unstrittig gewesen,
dass die neue Regierung ohne höhere Steuern auskommen wolle, sagte
Scheel. Es seien aber weder schon konkrete Einsparvorschläge
erarbeitet worden noch habe Eichel solche vorgelegt. Wo die von ihr
genannte Summe von 20 Milliarden Euro eingespart werden solle, sei
daher noch offen. Der Subventionsbericht der Bundesregierung
beziffert die Summe der Finanzhilfen des Bundes und der steuerlichen
Vergünstigungen auf gut 21 Milliarden Euro im Jahr 2002.
Hartz-Reformen werden aus dem Etat der Bundesanstalt für Arbeit
finanziert
Das Arbeitsministerium wies die Zahlenangaben der Grünen über die
Kosten einer Umsetzung der Hartz-Pläne zur Reform des Arbeitsmarktes
zurück. "Die Kosten, die aus der Umsetzung des Hartz-Konzepts
entstehen, werden allein aus dem Etat der Bundesanstalt für Arbeit
finanziert", stellte ein Sprecher von Arbeitsminister Walter Riester
(SPD) klar.
Einsparungsposten "Ehegatten-Splitting" beliebt
Bei der Suche nach Einsparmöglichkeiten beziehungsweise
zusätzlichen Geldquellen haben die Finanzexperten von SPD und Grünen
offenbar die Steuervergünstigungen für Ehegatten - das so genannte
Ehegatten-Splitting - besonders im Visier. Details dazu gebe es noch
keine, hieß es aus dem Teilnehmerkreis des Gesprächs bei Eichel. Die
würden in Kürze erarbeitet. Nach einem Vorschlag der Grünen sollen
verheiratete Alleinverdiener mit einem Brutto-Jahreseinkommen bis zu
45.000 Euro im Jahr nicht schlechter als bisher gestellt werden.
Allerdings hieß es dazu ergänzend aus den Kreisen, dieser Betrag
habe nur begrenzten Aussagewert. Offen seien noch viele Einzelfragen
wie etwa die Freibeträge für Einkünfte, die der Ehepartner hinzu
verdient. Nach Angaben von Finanzexperten schlägt das
Ehegatten-Splitting mit 23 Milliarden Euro an Steuerausfällen zu
Buche. Grünen-Chef Fritz Kuhn hatte jüngst eine Summe von 1,5 bis 2,9
Milliarden Euro genannt, die durch Änderungen bei diesen Regelungen
als Einnahmeverbesserung des Bundes erzielt werden könnten.
Einsparungen durch Privilegienabbau bei Unternehmenssteuern
Weiter im Gespräch bei den rot-grünen Verhandlungspartnern sind
auch die Unternehmenssteuern. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering
sagte im Deutschlandfunk, eine Änderung der Steuerbefreiung für
Veräußerungsgewinne sei zwar bisher nicht geplant. Allerdings habe
Finanzminister Eichel jetzt zu überlegen, ob und wie Privilegien
abgebaut werden könnten. "Dazu kann auch gehören nachzudenken, ob an
dieser Stelle eine Veränderung, eine Korrektur sinnvoll ist", sagte
Müntefering.
Union lehnt Vermögenssteuer strikt ab
Die unionsgeführten Länder lehnen ungeachtet eines anders
lautenden Zeitungsberichts die Wiedereinführung einer Vermögensteuer
und einer höheren Belastung von Erbschaften weiterhin einhellig ab.
Die Staatskanzleien von Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen erklärten
auf Reuters-Anfrage am Freitag übereinstimmend, man sei strikt gegen
ein Drehen an diesen Steuerschrauben. Ein Bericht der "Bild"-Zeitung,
wonach die ostdeutschen CDU-Länder von ihrer bisherigen Position
abrückten, entbehre jeder Grundlage. Auch die Sprecher der
Regierungschefs der unionsgeführten Länder Saarland und Hamburg
äußerten sich ähnlich ablehnend. Bayern, Baden-Württemberg und Hessen
hatten den Plänen einer Reihe von SPD-Ministerpräsidenten bereits
früher eine Absage erteilt. Die unionsregierten Länder haben eine
Mehrheit im Bundesrat, der fast alle Steuergesetze billigen muss. (APA/Reuters)