Wien - Ungarn ist unzufrieden mit dem aktuellen Vorschlag der EU-Kommission über die finanziellen Beitrittsbedingungen und erwartet sich bis zum Brüsseler Gipfel in drei Wochen eine Aufbesserung. "Der Entwurf war nicht sehr großzügig", sagt der Vorsitzende des Ausschusses für Europäische Integration im ungarischen Parlament, Istvan Szent-Iványi, im STANDARD-Gespräch. Zumindest in den ersten zwei Jahren würde Ungarn sonst zum Nettozahler werden, weil die Beiträge von rund 900 Millionen Euro im Jahr an Brüssel sofort bezahlt werden müssten, die Rückflüsse aber erst mit einer Verzögerung beginnen würden, warnt Szent-Iványi."Zeit vergeudet" Die Frist von eineinhalb Monaten für die Verhandlung der finanziellen Fragen sei zu kurz, sagt der Mitbegründer des Bundes freier Demokraten (SZDSZ), dem kleinen Koalitionspartner der Sozialisten: "Viereinhalb Jahre haben wir mit der Rechtsharmonisierung vergeudet, und jetzt haben wir fast keine Zeit für die finanziellen Fragen." Herabwürdigend sei der EU-Plan, dass neue Mitglieder anfangs nur 25 Prozent der Agrarbeihilfen erhalten sollten. Szent-Iványi rechnet dennoch mit einer akzeptablen Lösung, denn Kommissionspräsident Romano Prodi habe versichert, dass kein neues Mitglied Nettozahler sein werde. Laut EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen ist es realistisch, dass die Kommission nächste Woche den Beitritt von zehn Kandidaten in 2004 empfehlen werde. Keine Zweifel hegt der 43-jährige Ethnologe an einem klaren Ja zum Beitritt in einem Referendum, denn alle Parlamentsparteien seien für die EU. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit wie in Österreich wäre "ein wunderbarer Erfolg". Als EU-Mitglied werde Ungarn für eine pragmatische Vertiefung eintreten, in der Verteidigungspolitik aber weiterhin der Nato, der Ungarn seit 1999 angehört, den Vorzug geben. Es dürfe keine Rivalität zwischen EU und Nato entstehen, sagt er.(Eric Frey/DER STANDARD, Printausgabe, 4./5.10.2002)