Wien - Zu viel ist zu viel, die Wiener Innenstadt kann nicht zu einem einzigen Schanigarten werden, ist sich Wirtschaftskammerpräsident Walter Nettig sicher: "Die Gastgartenkultur setzt bedeutende Impulse. In manchen Gebieten des ersten Bezirks drohten die positiven Effekte heuer jedoch ins Gegenteil umzuschlagen." Die Kammer will die Notbremse ziehen.2400 Schanigärten gibt es in Wien insgesamt, das dürfte etwa 72.000 Sitzplätzen entsprechen. In der City sind mittlerweile 375 Schanigärten registriert - noch stärker fokussiert: Kärntnerstraße, Graben und Kohlmarkt nehmen davon auf einem Kilometer Länge 31 Gärtchen mit 1800 Plätzen auf. Bleibt kein Platz mehr zum Flanieren, müssen sich die Spaziergänger zwischen Tischen, Sesseln und Kellnern auf der einen Seite und dem Autoverkehr auf der anderen den Weg bahnen, schauen die Nichtwirte durch die Finger, meint man in der Wiener Kammer. Ökonomen geben als Richtwert an: Sieben Prozent der Gesamtverkaufsfläche sollen von Wirten genützt werden, dann stimmt der so genannte Branchenmix. Andernfalls - Nettig weiß von Beisel-generierten Umsatzeinbußen von bis zu 30 Prozent. In einer Novelle des Gebrauchsabgaben-Gesetzes will man nun den Hebel gefunden haben, mit dem die Sesselvermehrung auf den Gehsteigen aufgehalten werden kann. In dem Gesetz ist festgelegt, unter welchen Bedingungen die Errichtung von Schanigärten, Kiosken sowie das Aufstellen von Verkaufsständen zulässig ist. Mit der Novelle solle die Möglichkeit geschaffen werden, "Gestaltungsverordnungen" für bestimmte Gebiete zu erlassen. Damit wäre es möglich, "Tabuzonen" festzulegen, in denen keine Gastgärten errichtet werden dürfen. "Es könnte aber auch eine maximale Zahl an Sitzplätzen oder ein maximales Verhältnis von Sitzplätzen im Lokal zu Plätzen im Schanigarten festgelegt werden", erklärte Nettig in einem Pressegespräch Dienstagabend in Wien. Weniger Gastgärten müssen es nach Meinung des Kammerpräsidenten nicht sein, nur mehr dürften es nicht werden - und nach Rechnung der Kämmerer droht eine Verdoppelung der Schanigartenfläche. Die Saison ist zwar jetzt vorbei, die geplante Verordnung ließe sich aber auch auf andere Open-Air-Vergnügungen anwenden - die Glühweinöfen werden ja schon vorgewärmt. Und Nettig ist ohnehin nicht sicher, ob wirklich alle karitativen Punschstände einzig dem angegebenen Zweck dienen. (or/DER STANDARD, Printausgabe, 3.10.2002)