Mensch
Wiener Krebsimpfstoff: Uniklinik Graz soll Entwicklung vorantreiben
Biopharma-Unternehmen Igeneon schließt fünfjährige Forschungskooperation mit Grazer Onkologie
Graz/Wien - Nach den ermutigenden Ergebnissen des vom Wiener
Biopharma-Unternehmen Igeneon entwickelten Krebsimpfstoffes IGN 101,
das in einer ersten Studie in Graz getestet wurde, wird nun die
Zusammenarbeit zwischen den beiden Forschungspartnern intensiviert.Wie Igeneon-Geschäftsführer Hans Loibner am Mittwoch im Gespräch mit
der APA erklärte, finanziert das Wiener Unternehmen über fünf Jahre
ein eigenes Forschungsteam an der onkologischen Abteilung der Grazer
Universitätsklinik. Es soll parallel zu den laufenden klinischen
Studien sowohl die angewandte als auch die Grundlagenforschung
spezieller Präparate vorantreiben.
Igeneon-Krebsvakzin IGN 101
Im Zentrum des Forschungsinteresses steht vorerst das
Igeneon-Krebsvakzin IGN 101. Die Erprobung durch eine im Vorjahr
abgeschlossenen erste Studie an 18 Patienten in Graz verursachte die
erwartete Immunantwort, hat eine "hervorragende Verträglichkeit"
bewiesen und gab erste Hinweise, dass das Präparat eventuell die
Bildung von den von jedem Krebspatienten gefürchteten Mikrometastasen
beeinflussen könnte, so Samonigg. Der Mediziner warnt aber auch
davor, zum jetzigen Zeitpunkt der klinischen Erprobung im Präparat
bereits ein "Wundermittel" gegen die Krebserkrankung sehen zu wollen.
"Eine europäische Zulassung von IGN könnte frühestens in vier Jahren
möglich werden", relativierte auch Loibner alle vorschnellen
Erwartungen.
Aktive Impfung
Das Wirkprinzip des noch weiterhin in Entwicklung stehenden
Impfstoffes ist die aktive Impfung, die die Möglichkeiten des
körpereigenen Immunsystems nützt. Dieses ist nämlich an sich gut in
der Lage zwischen 'Fremd' und 'Selbst' zu unterscheiden. Krebszellen
jedoch, die körpereigene Zellen sind, werden nicht erkannt und
toleriert. IGN 101 enthält ein dem Menschen fremdes, aber dem
Tumorzellen-Oberflächenmolekül EpCAM ähnliches Antigen und soll nun
durch die vom Körper des Geimpften produzierten Antikörper eine
spezifische Abwehrreaktion gegen die bösartigen Zellen erzeugen.
Anwendung bei Krebspatienten die bereits eine Operation hinter sich haben
Zur Anwendung kommen soll es bei Krebspatienten, die bereits eine
Operation hinter sich haben und die so genannten Mikrometastasen
("schlafende" Krebszellen, die bereits in anderen Körperregionen
existieren können und später durch die Bildung von
Tochtergeschwülsten - Metastasen - die Krankheit unheilbar machen)
unschädlich machen. Damit soll also nicht die Krankheit selbst,
sondern die Ausbreitung der Erkrankung nach einer primär
erfolgreichen Operation verhindert oder verzögert werden.
Krebsimmuntherapie
Wie der Geschäftsführer von Igeneon, Hans Loibner, am Mittwoch
erklärte, hat sein Unternehmen mit Schwerpunkt Krebsimmuntherapie ein
weiteres Lizenzabkommen über ein Krebsvakzin gegen epitheliale
Krebsarten unterzeichnet. Durch das Abkommen mit dem Pharmakonzern
Novartis, das bisher die Rechte hielt, erhält Igeneon die weltweiten
Exklusivrechte zur klinischen Entwicklung eines Vakzins zur passiven
Krebsimmuntherapie, das fortan unter IGN 301 laufen wird.
"Igeneon erhält die weltweiten Exklusivrechte zur klinischen
Entwicklung und Verwertung des Impfstoffs. Im Gegenzug erhält
Novartis eine Upfront fee, Milestone payments sowie Lizenzgebühren
auf zukünftige Umsätze", so Loibner im Pressegespräch in Graz. Das
Abkommen folgt einer Ende 2000 geschlossenen Optionsvereinbarung der
beiden Unternehmen.
Krebsimpfstoff auf Basis eines Antikörpers
IGN 301 ist ein Krebsimpfstoff auf Basis eines Antikörpers. Solche
Antikörper sind Eiweißsubstanzen, die der Immunabwehr dienen indem
sie im "Schlüssel-Schloss Prinzip" an bestimmte Antigensubstanzen
andocken. Im speziellen Fall handelt es sich allerdings um einen
Antikörper, der gegen die Bindungsregion eines anderen Antikörpers
gerichtet ist (anti-idiotypischer Antikörper) und eine Immunantwort
gegen Lewis Y auslöst. Lewis Y wiederum ist ein Kohlehydratmolekül,
das auf Tumorzellen epithelialen Ursprungs (z.B. Lungen-, Darm-,
Brust-, Prostata- oder Eierstockkrebs) besonders vertreten ist. Der
Impfstoff wurde bei Novartis in einem ausführlichen präklinischen
Programm sowie einer klinischen Studie der Phase I getestet. Igeneon
hat den Impfstoff weiter entwickelt und will nun das klinische
Studienprogramm in den USA und Europa fortsetzen.
Neben dem Impfstoff IGN 301 verfügt Igeneon mit IGN 311 bereits
über einen Kandidaten zur passiven Krebsimmuntherapie gegen das Lewis
Y Antigen. Der monoklonale Antikörper IGN 311 wurde von Protein
Design Labs (PDL) ebenfalls 2002 einlizenziert und hat die
präklinische Entwicklung bereits abgeschlossen. "IGN 301 stellt eine
ausgezeichnete Ergänzung unseres Portfolios dar, insbesondere von IGN
311. Unserer Meinung nach ist Igeneon damit das einzige Unternehmen,
das einen aktiven und passiven Therapieansatz gegen das Lewis Y
Antigen verfolgt", so Loibner, der die ersten Entwicklungsphasen des
Impfstoff vormals bei Novartis betreut hat.
Biopharmazeutische Unternehmen Igeneon
Das biopharmazeutische Unternehmen Igeneon mit Sitz in Wien wurde
im Jahr 1999 gegründet und hat sich auf die Entwicklung von aktiven
und passiven Krebs- Immunisierungsansätze spezialisiert. In den
ersten drei Jahren ist das Team von vier auf 60 Mitarbeiter
angewachsen. Im August 2001 wurden im Rahmen einer Venture Capital
Finanzierung 30 Millionen Euro bei institutionellen Investoren (u.a.
3i, der Novartis Venture Fund, die Deutsche Venture Capital)
platziert. (APA)