Foto: Elisabethbühne
Zunächst ist es nur ein Nashorn, dann werden es zwei - die Entrüstung in der Kleinstadt ist groß, absurde Dialoge über Rassenfragen entspinnen sich. Aber es sind die Menschen selber, die sich der Reihe nach in die riesigen Tiere verwandeln. Mit "Die Nashörner" aus dem Jahr 1959 ist Eugène Ionesco ein Werk gelungen, das gültig für alle Zeiten das Phänomen von Entindividualisierung und Massenwahn nachzeichnet. Die Stimmung in Andreas Döhrungs Inszenierung an der Elisabethbühne allerdings ist von Anfang an ziemlich im Keller: Verkäufer und Passanten sind sichtlich schlecht gelaunt, der Protagonist Beringer (Harald Fröhlich), der einzige Nonkonformist, in desolatem Zustand und sein Freund Hans (Marcus Marotte) die Missbilligung in Person. Das (erste) Nashorn lässt die Szene endgültig der Hysterie verfallen. Damit allerdings ist eine Entwicklung im Spiel kaum mehr möglich, das Geschehen beginnt als hochemotionale Groteske, und an dieser Stimmungslage ändert sich nichts mehr. Was derart hochgepusht beginnt, lässt keinen Raum für Nuancierungen oder subtilere Charakterzeichnungen. (still/DER STANDARD, Printausgabe, 1.10.2002)