Mensch
Blutwäsche bei Herzschwäche
Berlin - Eine Entfernung schädlicher Antikörper aus dem Blut
von Patienten mit Herzschwäche kann diese immunologische Attacke auf
das eigene Herz behandeln helfen. Wissenschafter des
Max-Delbrück-Centrums für molekulare Medizin (MDC) und des
Herzzentrums in Berlin erhielten jetzt den so genannten
"Apherese-Innovationspreis" der deutschen Gesellschaft für
Nierenheilkunde, teilte das MDC am Montag mit. Allein in Deutschland leiden mehr als 280.000 Menschen an
chronischer Herzmuskelschwäche. Bei dieser Erkrankung vermindert sich
die Pumpleistung des Herzens. Der Herzmuskel vergrößert sich
(Dilatation - Ausdehnung), um den Funktionsverlust zu kompensieren,
dennoch sind die Betroffenen in ihrer körperlichen Leistung stark
eingeschränkt. Bisher wird diese Erkrankung mit Medikamenten
behandelt, die aber nur vorübergehend helfen können. In schwersten
Fällen benötigen die Patienten eine Herztransplantation.
Die Ursachen für diese schwere Herzerkrankung sind vielfältig. Ein
Teil der Fälle ist genetisch, also familiär, bedingt. Weiterhin
könnten auch Autoimmunprozesse an der Entstehung dieser Erkrankung
beteiligt sein. Unklar ist jedoch, weshalb das eigene Immunsystem
nicht mehr zwischen "Fremd" und "Eigen" (autos im Griechischen)
unterscheiden kann und, wie im Fall der dilatativen Kardiomyopathie,
den Herzmuskel angreift, seine Zellen schädigt und dadurch seine
Funktion beeinträchtigt.
Bei rund 70 Prozent der Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie
konnte Dr. Gerd Wallukat vom MDC Auto-Antikörper nachweisen, die den
so genannten beta1-adrenergen Rezeptor der Herzmuskelzellen
attackieren und damit den Herzmuskel schädigen. Über diese Rezeptoren
regulieren die Botenstoffe (Hormone) Noradrenalin und Adrenalin die
Schlagfrequenz und Pumpfunktion (Kontraktilität) des Herzens.
Aufbauend auf diesen grundlegenden Untersuchungen am MDC haben
Wallukat und Dr. Johannes Müller vom Berliner Herzzentrum gemeinsam
mit Medizintechnikern der Biofirma Affina Immuntechnik GmbH (Berlin)
einen Adsorber entwickelt, der speziell diese gegen die
beta1-adrenerge Rezeptoren gerichteten Auto-Antikörper aus dem Blut
der Patienten filtert - ähnlich der Dialyse bei Nierenpatienten.
Normalerweise dauert die Behandlung laut Müller eine Woche und
muss nur in besonderen Fällen wiederholt werden. "Die erste Anwendung
dieses spezifischen Immunadsorptionssystems innerhalb einer
klinischen Studie haben zu einer erheblichen Verbesserung der
Herzfunktion bei den behandelten Patienten geführt", erläuterte der
Herzchirurg. Auch sei die "spezifische Immunadsorption, "sehr frei
von Nebenwirkungen".
Darüber hinaus gibt es eine zweite Form dieser Behandlung, die
ebenfalls in den vergangenen Jahren entwickelt worden ist, jedoch
unspezifisch Auto-Antikörper mit Hilfe der Blutwäsche aus dem Körper
der Betroffenen entfernt. Bei der "unspezifischen Immunadsorption"
kann es nach Aussage des Herzchirurgen "in einzelnen Fällen zu
Begleitreaktionen kommen, die zu einem Abbruch der Behandlung
führen". Bisher wurden am Deutschen Herzzentrum Berlin mehr als 100
Patienten, die an chronischer Herzmuskelschwäche litten, mit diesen
beiden Techniken behandelt. Die ersten positiven Ergebnisse sollen
jetzt in Studien mit einer größeren Patientenzahl weiter
überprüft werden, sagte Müller. (APA)