München/Chicago - Siemens will Berichten zufolge seine Handy-Produktion komplett an den US-Konkurrenten Motorola abgeben. Im Tausch solle Siemens das Mobilfunk-Netzgeschäft von Motorola übernehmen, berichteten die "Financial Times Deutschland" und "Chicago Business". Der zuständige Siemens-Vorstand Volker Jung sagte am Dienstag in München: "Das ist ein Gerücht, das in Chicago entstanden ist." Nicht vorstellbar sei, "dass wir uns vom Mobilfunk völlig trennen". Siemens rede "seit geraumer Zeit mit einer Reihe von Firmen über Kooperationen", sagte Jung. Was dabei herauskomme, sei völlig offen. Weitere Stellungnahmen lehnte er ab, ebenso wie Motorola. Die Finanzzeitungen berichteten, Siemens und Motorola hätten sich auf die Grundzüge des Tauschgeschäfts bereits geeinigt. Es könne aber noch an Detailfragen scheitern. Siemens fordere noch einen Aufschlag in bar. Die gesamte Mobilfunk-Branche leidet unter einer schwachen Nachfrage und harter Konkurrenz. Mit dem Tausch würden Siemens und Motorola ihre Position bei Handys und Netzen entscheidend stärken. Auf den vierten Platz abgerutscht Siemens ist als Handy-Hersteller mit einem Weltmarktanteil von 8,4 Prozent inzwischen auf den vierten Platz hinter Nokia, Motorola und Samsung zurück gefallen. Im dritten Quartal verkaufte Siemens acht Millionen Mobiltelefone und machte damit knapp eine Milliarde Euro Umsatz und - nach langer Durststrecke - 28 Mill. Euro Gewinn. Kooperation bei UMTS-Telefonen Bei den neuen UMTS-Telefonen arbeiten Siemens und Motorola bereits eng zusammen: Siemens verkauft ein UMTS-Handy der Amerikaner unter eigenem Namen weiter. Motorola würde mit einer Übernahme der Siemens-Handyproduktion seine Position auf dem europäischen Markt entscheidend ausbauen, käme auf einen Weltmarktanteil von 24 Prozent und könnte mit diesem Volumen profitabler arbeiten. Mit Mobilfunk-Netzen hatte Siemens im dritten Quartal 1,2 Milliarden Euro Umsatz und 21 Mill. Euro Verlust gemacht. Zusammen mit dem Netzgeschäft von Motorola könnte Siemens seinen Umsatz fast verdoppeln, den Konkurrenten Lucent überflügeln und Nummer zwei hinter Ericsson werden. Laut "Chicago Business" bekäme Siemens zugleich eine Technologie, die der Konzern für seine Expansion in China und den USA brauche. Die Motorola-Netzsparte ist nach Einschätzung von Analysten allein zu klein, um den Konkurrenten ernsthaft Paroli bieten zu können, wie die "Financial Times Deutschland" berichtete. Das Handy-Netzgeschäft habe Motorola im ersten Halbjahr eine halbe Milliarde Euro Verlust eingebracht. Seinen größten Netzwerk-Kunden, den Mobilfunkbetreiber Nextel, wolle Motorola allerdings behalten, berichtete "Chicago Business". (APA)