Feuer am Dach -

die Automobil-Branche schlägt Alarm: Weltweit dümpeln die Absatzzahlen dahin. Konjunkturschwäche in Euroland und USA, Wirtschaftschaos in Südamerika - die Rezession greift den Konzernen mit bleischwerer Hand ins Lenkrad. Da kommt die "Mondial de l'Automobile 2002" gerade recht. Über 50 Weltpremieren und ein üppig inszenierter Innovationsreigen sollen die Krise vergessen machen.

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Exzellent sortiert

am Pariser Parkett: Auto-Frankreich vulgo Renault, Citroen und Peugeot. Traditionell stark in der Umsetzung pfiffiger Ideen zeigen die Franzosen einen eindrucksvollen Schaulauf. Prickelnde Konzepte zwischen avantgardistischem Zitat und visionärem Ausblick, vor allem aber schlaue Alltagslösungen mit Pep prägen den selbstbewussten Auftritt der Franzosen. Doch im Überschwang lässt der Filou bekanntlich nicht lange auf sich warten. Eindrucksvollstes Beispiel: Der Peugeot H20.

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Was als verquerer Witz daherkommt,

ist nichts anderes als die visuelle Umsetzung einer Antriebstechnik, die die Zukunft sein könnte: Wasser(stoff)-Antrieb. Die Brennstoffzelle im Feuerwehr-Peugeot ernährt sich von Wasserstoff und Sauerstoff. Das Ergebnis der "Verbrennung": Wasser. Ja, genau: Wasser. Was bis dahin passiert ist alles sehr komplex, und harrt dem Großserieneinsatz in, sagen wir, in einer nahen Zukunft.

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Die Gegenwart ist eine andere.

Und die hört auf den Namen Peugeot 206. Der Evergreen bekommt in Form eines Rallye-Ablegers einen zusätzlichen Verkaufs-Boost. Dem 206RC geben 180 PS erforderliche Credibility. Außen dezent angespitzt und innen effektiv verfeinert (Schalensitze, Alu-Pedale, Lederhutze über den Instrumenten) wird rescher Sportlichkeit das Wort geredet.

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In direkter Linie zum 206: das 307cc Cabrio.

Was der Kleine mit dem heißen Blechdach eindrucksvoll vorexerziert hat (bisherige Stückzahl: 160.000), soll der Golf-Konkurrent weiterführen. Noch ist der 307cc ein Studienobjekt. Der Bau des vollwertigen Viersitzers gilt jedoch als beschlossen. Die finale Anmutung wird 2003 präsentiert. Bis dahin kann man nur hoffen, dass dem feschen Antlitz kein allzu arger Blödsinn widerfährt.

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Citroen kommt auch wieder in Schwung.

Wobei sich der ehemalige Avantarde-Blechschneider wohl nun endgültig von der großen Vergangenheit verabschiedet hat. In Paris gab das Spaß-Binkerl Pluriel seine Premiere. Wie beim PSA-Kompagnon Peugeot 206cc ist im Pluriel der Schmäh im Dach versteckt. Dieser entwickelt sich peu a peu, um sich schließlich in einem veritablen Brüller zu entladen. Und der geht im wesentlichen so:

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Kugelmugel ohne Mugel.

Vom geschlossenen Cabrio bis zum Spider ist also alles drin. Motoren mit 75 PS (1,4i) und 110 PS (1,6i 16V) machen den Bausatz zum Auto. Ab Frühjahr kann der Ampelstopp für gestalterische Maßnahmen genutzt werden.

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Ebenfalls ganz auf Freizeit: Der C-Crosser.

Eine Studie, die zeigt, in welchem Segment Citroen in Zukunft Akzente setzen will. Wohltuender Ausreißer aus dem Fun&Action-Brimborium:

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Der C-Airdream,

ein gestreckt daherkommendes Concept-Car, das Glas gegenüber Blech den Vorrang gibt. Produktionsstart des luftig-markanten Coupés? Nie. Dass jedoch so manches Detail dem für 2004 geplanten C6 optischen Punch geben wird, darf als begründeter Verdacht vermerkt werden. Zentrale Message des Citroen-Schaulaufs: Es geht weiter nach oben. Dorthin, wo Renault bereits ist.

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Um die Franzosen herrscht momentan ein G'riss, mon dieu.

Zuerst der schlicht als "Outstanding" zu bezeichnende Avantime. Dann der in eigenwilligen Proportionen gezeichnete Vel Satis. Jetzt demonstriert Renault am Pariser Salon erneut geballte Innovations-Kraft. Das Ergebnis: Auch beim Volumensmodell Mégane weicht die Equipe rund um Design-Chef Patrick Le Quément kein Jota vom eingeschlagenen Weg ab.

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Kaum jemand,

der die ersten Bilder des frischen Franzosen nicht mit einem eruptiven "Booh" quittiert hätte. Wie selbstverständlich bedient sich der Mégane aus dem Zitatenschatz der neuen Formensprache. Doch Renault setzt nicht nur auf resche Optik. Eine breit gefächerte Motoren-Palette und eine Vielzahl an Plattformen (3- und 5-Türer, Kombi, Stufenheck und Cabrio) sollen jedem Kundenwunsch zur Materialisierung verhelfen.

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Apropos Material.

Dem Concept-Vehikel Ellypse wurde Umwelt-Verträglichkeit als oberste Priorität in Lastenheft geschrieben. Die Karosserie besteht aus Recycling-Kunststoff, die einzelnen Teile sind mit Schnellverschlüssen befestigt und können fix ausgewechselt werden. Doch die Grenzen der Ökologie sind rasch erreicht: Die Scheiben aus Polycarbonat sparen zwar Gewicht, sind jedoch aus sicherheitstechnischer Sicht ein Fauxpas.

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Im Innenraum wird weiterrevolutioniert.

Die wellenförmigen Sitze verwandeln sich auf Knopfdruck in eine aparte Liegelandschaft, das Glasdach lässt auf Wunsch die dazu passende Natur herein. Die Armaturenlandschaft setzt auf Touch-Design. Das sind quasi selbsterklärende Knöpfe und Regler, die man kapiert, ohne zum Handbuch zu greifen. (Jedem, der sich schon als Versuchs-Afferl hinter den Schaltern sitzen sieht, sei der Ankauf einer Abhandlung über "gelernte Hilflosigkeit" dringend empfohlen.)

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Neues auch in Sachen Espace.

Mitte November tritt der Stammvater des Van-Segments erstmals mit Stahl-Karosserie an. Variabilität im Innenraum wird groß geschrieben, eine üppige Sicherheitsausstattung, verstärkte Bremsen und ein Komfort-Plus sind die Basis für eine Fortsetzung der Erfolgsgeschichte. Zwei Benziner und zwei Commonrail-Diesel zwischen 150 und 245 PS harren der geneigten Wahl.

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Tja, und da war dann noch diese Petitesse.

Der schnelle Brüter: Renault Clio V6. Eine schlichtweg eschatologische Angelegenheit. Asterix auf Overdose. Renault hat für die Neuauflage des Power-Clio wieder tief in den Giftschrank gegriffen. 245 PS. Von 0 auf 100 in unter sechs Sekunden, eingebauter Heckbums inklusive. 2003 ist es so weit. Fürchten tun wir uns aber jetzt schon ein bisserl ... nicht vor dem Auto. Vor dem Fahrer. (kommunikaze)

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Mondial de l'Automobil 2002

Adresse:
Ausstellungspark Paris Nord, Porte de Versailles.

Öffnungszeiten:
Publikumstage: 28. September bis 13. Oktober, tgl. 10.00-22.00 Uhr.

Eintrittspreise:
Tagestarif 9 EURO, ab 18.00 Uhr 6 EURO. Kinder unter sieben Jahre frei.

Verkehrsanbindung:
Pendelbusse ab Airport Orly. Ansonsten über die Métro-Linien 12 (Station Porte de Versailles) und 8 (Place Balard). Buslinien 39 und 80 fahren ebenfalls zum Messegelände.

www.mondial-automobile.com

foto: reuters/wojazer