US-Saxofonist Joshua Redman

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Wien - Verpackungen ändern sich, Inhalte bleiben. Vor zehn Jahren trugen die Diana Kralls und Jane Monheits des Jazz noch männliche Namen, standen an ihrer Stelle junge Instrumentalisten, die ähnlich viel Technik und ebenso zögerlich persönliche Konturen zeigten. Das Etikett der "Young Lions" geisterte durch die Gazetten, nachdem Wynton Marsalis vorexerziert hatte, wie sich im ertragsschwachen Marktsegment des Jazz Geld verdienen lässt.

"Ich wurde gegen meinen Willen unter diesem Schlagwort vermarktet. Zumal es die Aufmerksamkeit auf Aspekte lenkte, die nichts mit der Arbeit zu tun hatten: Das Alter sagt gerade im Jazz nichts über deine Qualitäten aus", meint heute einer, der damals als Ikone der neuen Jazz-Hipness gehandelt wurde: Joshua Redman. Der nach Gewinn des Thelonious-Monk-Wettbewerbs 1991 als 22-Jähriger plötzlich einen Plattenvertrag in der Tasche hatte - wovon Vater Dewey Redman, immerhin Wegbegleiter Ornette Colemans, zeit seiner Karriere nur träumen konnte.

Zehn Jahre später ist so mancher Jungstar wieder in der Versenkung verschwunden, Joshua Redman gilt immer noch als "denkender", von der motivzentrierten Improvisationskunst Sonny Rollins' befruchteter Saxofonist, der insbesondere im Livekontext gerne mittels Soul-Jazz-Klischees den direkten Weg zum Publikum sucht. Wer diesbezüglich den Eindruck hatte, hier dränge eine andere Seite an die Oberfläche, als sie im gepflegten, innovationsfreien Feld des akustischen Neo-Hardbop ausgelebt werden könne, kann sich angesichts des jüngsten Bandprojekts bestätigt sehen.

In ihm integriert Redman gemeinsam mit Sam Yahel (Hammond B-3) und seinem alten Bekannten Brian Blade (Schlagzeug) erstmals Einflüsse aus seinem eigenen Sozialisationsbereich. Redman: "In dieser Besetzung konnte ich endlich das elektrische, auf Grooves basierende Konzept umsetzen, das mir schon lange im Sinn steht. Obwohl all meine Projekte bis zu diesem Zeitpunkt akustisch waren, sind auch Electric Jazz, Prince und Radiohead wie Björk ein Teil von mir."

Neue Aussage

Zwei CDs, Yaya3 und das brandneue Elastic (beide: Warner), dokumentieren das neue Trio: Erstere als modernes Mainstream-Trio, als das man seit 1997 im New Yorker "Small's" jamte; Zweitere zeigt das Trio als Vehikel für Redmans Ideen: Harmonizer-Klänge aus dem Saxofon, Anspielungen von Funk und TripHop auf den Trommeln, Weather Report-Sounds aus dem Keyboard: Bei aller Unfertigkeit erscheint Elastic zweifellos als bislang aussagekräftigstes Statement in Redmans Karriere.

Weshalb er nicht weiter gegangen sei und einen DJ oder Elektroniker ins Boot geholt hat? "Wir wollen uns nicht von Loops einzwängen lassen, wir wollten Elastizität in unserer Herangehensweise an Rhythmus und Struktur. Ich schätze Musiker wie Bugge Wesseltoft oder Erik Truffaz, das ist Terrain, auf das ich durchaus einmal vorstoßen könnte - aber es würde nicht das repräsentieren, was ich im Moment in mir fühle." (DER STANDARD, printausgabe vom 30.9.2002