Klagenfurt - Fünfeinhalb Jahre Haft, so lautete das Urteil des Schöffensenats, vor dem sich ein 15-jähriges Mädchen am Freitag am Landesgericht Klagenfurt wegen versuchten Mordes verantworten musste. Die Angeklagte nahm das Urteil an, es ist aber noch nicht rechtskräftig. Das Heimkind Gabi hatte sich schuldig bekannt, am 21. April dieses Jahres eine gleichaltrige Freundin gemeinsam mit einem Geschwisterpaar beinahe ermordet zu haben. Sie habe mitgemacht, sei aber nicht die treibende Kraft gewesen. Verteidiger Frank Kalmann plädierte vor allem auf die Reue, die das Mädchen gezeigt habe. Der Staatsanwalt forderte eine angemessene Strafe. Verteidigung und Anklagebehörde waren sich letztlich einig, dass die fünfeinhalb Jahre Haft zur Resozialisierung und zur Berufsausbildung für das aus zerrütteten Familienverhältnissen kommende Heimkind genutzt werden sollen. Richter Wilfried Kirchlehner meinte, die Haftzeit diene zur Sühne und zum Überdenken ihrer Tat, deren Konsequenzen der Verurteilten wohl erst in einigen Jahren so richtig klar werden würden. Mittäter sind nicht strafmündig Die Mittäter, ein zwölf und 13 Jahre altes Geschwisterpaar, sind noch nicht strafmündig. Das Trio hatte schon vor der Tat geplant, die "Leiche" in einen Fluss zu schmeißen. Soweit kam es jedoch nicht, das Opfer überlebte. Chronologie des Leidens Was sich am Freitagvormittag im Gerichtssaal in Klagenfurt ausbreitete, war eine Chronologie des Leidens. Gabi (15), Franz (12) und Liesi (13) waren im April dieses Jahres aus einem Jugendheim geflüchtet und hatten bei einer Freundin in Arnoldstein Unterschlupf gesucht. Nach einem Streit wurde das Mädchen geprügelt, getreten, mit Steinen traktiert, gefesselt und halb in einen Plastiksack gesteckt. Schließlich wurde die 15-Jährige aus einem Fenster im ersten Stock des Hauses geworfen. Die Teenager planten die "Leiche" in einen Fluss zu schmeißen Schwere Beziehungsstörung Die 15-jährige Angeklagte leide unter einer schweren Beziehungsstörung, konstatierte der psychiatrische Gutachter beim Prozess am Landesgericht Klagenfurt. Hauptursache dafür seien die zerrütteten Familienverhältnisse. Eine psychotische Störung liege jedoch nicht vor. Mangel an Mitgefühl entsteht über einen langen Zeitraum Die in sämtlichen Aussagen der wegen Mordversuchs angeklagten Gabi zu Tage getretene Gleichgültigkeit, der völlige Mangel an Mitgefühl für das Schicksal anderer sei über einen längeren Zeitraum entstanden, meinte der Gutachter Max Neumann. Dass dieses Nicht-Mitempfinden derartige Ausmaße wie bei dem Mordversuch am 21. April annehmen könne, sei auf die "kollektive Situation" zurückzuführen. Wenn mehrere Kinder zusammen seien, könne sich das aufschaukeln. Therapie Auf die Frage des Richters, ob man die Angeklagte von ihrer Beziehungsstörung befreien könne, meinte der Psychiater: "Auf Grund des jugendlichen Alters wäre das noch zu ändern." Es müsste daran gearbeitet werden, dem Mädchen den Aufbau einer Beziehung zu ermöglichen, bei der sie die Bezugsperson auch respektieren könne. Auf ihre sonstigen Fähigkeiten habe die Störung eher wenig Einfluss. Gabi hat im Gefängnis ihren Hauptschulabschluss gemacht und möchte eine kaufmännische Lehre machen. (APA)