Geschlechterpolitik
Csörgits fordert mehr Rechte für atypisch Beschäftigte
"Statt Rückkehr in Steinzeitkapitalismus"
Wien - Die ÖGB-Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende Renate Csörgits fordert die Eingliederung sämtlicher atypisch Beschäftigten in das österreichische Arbeits- und Sozialrecht. Dies teilte Csörgits in einer Rede am Freitag im Rahmen des Gewerkschaftstages der Gewerkschaft für Handel, Transport und Verkehr mit. Missbrauch von Werk- und freien Dienstverträgen
Nicht nur die illegale Beschäftigung blühe, auch die atypische
Beschäftigung steige rasant. "Wir wissen von LKW-Fahrern, die in
dubiose Beteiligungsmodelle und Scheinselbständigkeit gedrängt wurde.
Aber auch in anderen Branchen sind die Beschäftigten teilweise
unfreiwillig bzw. weil nichts anderes zu finden ist, zu schlechtesten
Bedingungen beschäftigt", sagte Csörgits. Missbrauch werde von den
Unternehmern insbesondere mit Werkverträgen und freien
Dienstverträgen betrieben. "Die Hälfte davon sind reine
Umgehungsverträge, mit denen sich die Unternehmer die Kosten für eine
normale Anstellung - zu Lasten der Beschäftigten - sparen. Das geht
eindeutig aus unserem Beratungsprojekt für atypisch Beschäftigte
'FlexPower' hervor", erklärte Csörgits.
Absage an einseitige Flexibilisierungsvorstellungen
Den rasanten Anstieg der Teilzeit und der geringfügig
Beschäftigten führt Csörgits nur bedingt auf die Nachfrage durch die
ArbeitnehmerInnen zurück. In Branchen wie dem Handel würden auch
bisherige Vollzeitarbeitskräfte zu Teilzeit gezwungen. Dazu komme,
dass die Unternehmen zunehmend Arbeit auf Abruf verlangten. Diesen
Rückfall in den Steinzeitkapitalismus sei der ÖGB nicht bereit zu dulden. "Ich freue
mich, dass auch der Oberste Gerichtshof unserer Meinung ist. Er hat
kürzlich die Arbeit auf Abruf-Verträge, wie sie Peek und Cloppenburg
anwendet, als nicht mit dem österreichischen Recht im Einklang
befunden", nannte Csörgits einen ersten Zwischenerfolg der
Gewerkschaften und der AK im Kampf um die "Abstellung" derartiger
Praktiken.
Über diesen konkreten Fall hinausgehend müssten die atypisch
Beschäftigten generell mehr Rechte erhalten, forderte Csörgits. Zum
einen sei der Einbezug aller atypisch Beschäftigten in den vollen
sozial- und arbeitsrechtlichen Schutz nötig, zum anderen müssten die
Regelungen auch an die spezifischen Beschäftigungsformen angepasst
werden. "Für die Teilzeitarbeit heißt das, dass Überstundenzuschläge
in Hinkunft bereits bei Überschreiten der vereinbarten Arbeitszeit
bezahlt werden müssen und nicht erst - wie derzeit - wenn das
Arbeitsausmaß einer Vollzeitbeschäftigung überschritten ist",
forderte die ÖGB-Vizepräsidentin.
Arbeit neu verteilen
Angegangen müsse aber auch die ungleiche Verteilung der Arbeit
werden. "Dass es mehrheitlich Frauen sind, die als geringfügig
Beschäftigte oder Teilzeit arbeiten, ist kein Zufall. Nach wie vor
wird die Betreuung der Kinder überwiegend als Frauenarbeit gesehen.
Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Kind und Beruf - für beide
Geschlechter - fehlen in vielen Bereichen", kritisierte Csörgits.
Nötig sei allen voran ein Recht auf Teilzeit für Eltern bis zum
Schuleintritt des Kindes und der Ausbau der
Kinderbetreuungseinrichtungen. In Angriff genommen werden müsse aber
auch eine generelle Verkürzung der Arbeitszeit. "Die schrittweise
Einführung der 35-Stunden-Woche wäre nicht nur eine Verbesserung für
die Beschäftigten, sondern würde auch aktiv zur Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit beitragen", so Csörgits abschließend. (red)