Finanzen & Börse
Börsenexperte Heller: Aus für Neuen Markt reicht nicht aus
Bessere Kontrollen und harte Strafen für betrügerische Manager notwendig
München - Die geplante Abschaffung des Neuen Markts wird
nach Ansicht des Börsenexperten Gottfried Heller nicht ausreichen, um
das Vertrauen der Anleger wieder herzustellen. Der Schritt der
Deutschen Börse sei zwar zu begrüßen, sagte der Chef der
Fiduka-Depotverwaltung und langjährige Partner des Börsenkenners
Andre Kostolany am Donnerstagabend in München. "Der Neue Markt ist so
beschädigt, dass man beschämt sein muss, wenn man dort notiert ist."
Dringend notwendig seien aber zusätzlich bessere Kontrollen und harte
Strafen für betrügerische Manager. Im Oktober beginnt vor dem Landgericht München der Prozess gegen
den Gründer des Telematik-Unternehmens ComROAD, Bodo Schnabel. Knapp
drei Wochen später muss sich der Ex-Chef des einstigen Börsen-Stars
EM.TV, Thomas Haffa, vor Gericht verantworten. Für die Anleger seien
die beiden ersten Prozesse gegen Neue-Markt-Manager von großer
Bedeutung, sagte Heller. "Ich hoffe, dass einige auch hinter Gitter
müssen. Aber das wird wahrscheinlich nicht passieren." Deutschland
müsse sich ein Vorbild an den USA nehmen, wo selbst hochrangige
Manager bei betrügerischen Aktiengeschäften jahrelang ins Gefängnis
müssten.
Talfahrt an den Börsen bald zu Ende
Die Talfahrt an den Börsen wird nach Einschätzung von Heller nicht
mehr lange währen. "Die Wahrscheinlichkeit, dass wir die Tiefstkurse
an den meisten Börsen gesehen haben, ist sehr gut." Viele Anleger
könnten sich dann schon zum Jahresende über höhere Kurse freuen.
Allerdings hatte auch Heller die Wucht des Abschwungs unterschätzt
und sich bereits im Sommer zuversichtlich über ein baldiges Ende der
Kursverluste geäußert.
Die weitere Entwicklung der Aktienmärkte hängt nach Worten von
Heller von der "dreifachen K-Frage" ab: "Kanzler, Konjunktur, Krieg."
Von diesen drei Themen mache die Kriegsangst den Börsen derzeit am
meisten zu schaffen. Im Fortbestand der rot-grünen Koalition sieht
Heller kein Problem. Die dringend nötigen Reformen des Arbeitsmarktes
und der Sozialsysteme würden unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) bei
den Betroffenen auf geringeren Widerstand stoßen als unter Edmund
Stoiber (CSU). "Schnell würde einer CDU/CSU-geführten Regierung
vorgeworfen, sie störe den sozialen Frieden und verletze die
Solidarität." Wenn Schröder dasselbe tue, werde dies als
unvermeidlich hingenommen.(APA/dpa)