Die Präsentation war ein wenig verstolpert: Wolfgang Petritsch, Botschafter in Genf und früherer "Hoher Beauftragter" der internationalen Gemeinschaft in Bosnien, wurde letzte Woche eher nebenbei als SPÖ-Listenführer in Wien für die Nationalratswahl sowie als möglicher neuer Außenminister bekannt gegeben. Es gab keine große Präsentation, die Kandidatur wurde eher durch eine Indiskretion publik. Dabei hätte der Diplomat nach parteiinterner Meinung das Zeug zu noch höheren Weihen: Wäre die Zeit bis zum Wahltermin nicht so knapp gewesen, hätte man ihn noch statt "Gusi" - an dessen Charisma in der SPÖ gezweifelt wird - zum Spitzenkandidaten aufbauen können, heißt es.Andererseits hat man mit Petritsch schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht. Bei der letzten EU-Wahl sollte er an vorderster Stelle aufgestellt werden. Er sagte zu - und am Vorabend zur Kandidatenpräsentation wieder ab, indem er im Bundeskanzleramt (damals unter Viktor Klima) lediglich einen Brief hinterließ, aber telefonisch unerreichbar blieb. Damals sprang der parteiunabhängige Hans-Peter-Martin ein, an dem die SPÖ seither nicht immer die hellste Freude gehabt hat. Dennoch wurde Petritsch, der seine Laufbahn als Pressesprecher Bruno Kreiskys begann, weiterhin für hohe Ämter gehandelt, unter anderem als Kandidat für die Bundespräsidentschaftswahl 2004. (mon/DER STANDARD, Printausgabe, 27.9.2002)