Europa
Parlament in Rom verschiebt Debatte über "Lex Berlusconi"
Präsident Ciampi deutet an, das Gesetz in der vorliegenden Form nicht zu unterschreiben
Rom - Die italienische Abgeordnetenkammer hat die
Debatte über ein umstrittenes Justizgesetzes verschoben, das ein
Korruptionsverfahren gegen Ministerpräsident Silvio Berlusconi zu
Fall bringen könnte. Die Debatte über das Gesetz, das die Opposition
als "Lex Berlusconi" bezeichnet, soll am 10. Oktober fortgesetzt
werden, entschied Kammerpräsident Pier Ferdinando Casini am
Donnerstag. Die Linke wirft der Regierungskoalition vor, mit dem
Gesetz den Medienunternehmer Berlusconi sowie enge Mitarbeiter vor
einer Verurteilung bewahren zu wollen. Staatspräsident Carlo Azeglio
Ciampi deutete laut Presseberichten an, wenn es keine entscheidenden
Änderungen gebe, werde er das Gesetz nicht unterschreiben. Der Senat hatte dem Entwurf nach heftigen Debatten und teilweise
tumultartigen Szenen im August zugestimmt. Die Opposition
boykottierte die Abstimmung. Nach dem Entwurf können laufende
Prozesse abgebrochen und in eine andere Stadt verlegt werden, wenn
ein Angeklagter mit "berechtigten Gründe" die Unvoreingenommenheit
der Richter anzweifelt. Die Entscheidung darüber soll dem höchsten
römischen Gericht zukommen. Bei einer Verlegung des Berlusconi-
Prozesses müsste dieser nach Ansicht von Experten möglicherweise
wegen Verjährung eingestellt werden.
Zeitweise liefen gegen den Unternehmer Berlusconi ein halbes
Dutzend Strafverfahren wegen Bestechung, Bilanzfälschung und
Schwarzer Kassen. Zwei Mal wurde er in den vergangenen Jahren in
erster Instanz zu Gefängnisstrafen verurteilt. Später wurden einige
Urteile aufgehoben, einige Male wurde er freigesprochen, andere
Verfahren endeten wegen Verjährung. Nach Ansicht Berlusconis führen
linke Richter und Staatsanwälte eine politische Kampagne gegen ihn.(APA/dpa)