Linz/Wien - Die Abfertigung neu kommt mit Jahresbeginn 2003, die Diskussionen gehen weiter. Der Arbeits- und Sozialrechtler Peter Jabornegg kritisiert "Manipulationsmöglichkeiten" und prophezeit "jährlich zwei bis drei Gesetzesnovellen." Unter den sieben zugelassenen Mitarbeitervorsorgekassen gibt es zudem höchst unterschiedliche Auffassungen über Veranlagungsstrategien und Zinsgarantien.Bei einer Tagung des Institutes für Versicherungswirtschaft an der Johannes-Kepler-Universität präzisierte der Linzer Professor Jabornegg seine Bedenken. Er ist überzeugt, dass die meisten Mitarbeiter die Barauszahlung einer Zusatzpension vorziehen. Hier sieht er Manipulationsgefahr: "Bei Selbstkündigung muss man den Abfertigungsanspruch in den neuen Job mitzunehmen. Wenn aber der Arbeitgeber einer einvernehmlichen Kündigung zustimmt, bekommt man das Geld in bar. Ich sehe die Gefahr, dass der Arbeitgeber mitspielt, da ohnehin die Vorsorgekasse zahlen muss, und die wird nicht die Zeit haben, genau zu prüfen." Hohe Auszahlungsquote Johannes Ziegelbecker, Aufsichtsratsmitglied bei der ÖVK Vorsorgekasse, gesteht ein, dass man mit einer hohen Auszahlungsquote rechnet. "Sobald jemand drei Jahre eingezahlt hat, werden 70 bis 90 Prozent davon das Bargeld nehmen", glaubt er. Die kurzfristige Verfügbarkeit des Geldes wird daher die Anlagestrategie bestimmen: "Die Aktienquote wird bei allen Kassen zwischen sehr gering und null liegen", ist sich Ziegelbecker sicher. Aufgabe werde es daher sein, die längerfristige Veranlagung möglichst attraktiv zu machen. Bei der ÖVK, an der unter anderem Raiffeisen und die Uniqa-Versicherung beteiligt sind, wird es deshalb eine jährlich neu festgelegte Zinsgarantie geben: vier Prozent für das Jahr 2003. Rechentrick Die übrigen Kassen wollen da nicht folgen. Ihr Argument: Es bestehe eine Garantie auf das eingezahlte Bruttokapital. Zieht man den Verwaltungsaufwand ab, muss eine Rendite von bis zu drei Prozent erwirtschaftet werden. Die freiwillige Zinsgarantie werde aber vom Nettokapital, dem eingezahlten Geld minus Verwaltungsaufwand, gerechnet - ein Rechentrick also. "Wir betreiben keine Bauernfängerei, ein derartiger Marketinggag schmälert die längerfristigen Erträge", gibt sich Christian Böhm vom Mitbewerber APK kämpferisch. Er glaubt auch nicht an die hohe Auszahlungsrate: "Wir haben die Beschäftigtenstruktur unserer potenziellen Kunden analysiert, die Fluktuation ist dabei eher gering, die meisten werden die Abfertigung als Zusatzpension verwenden." (Michael Möseneder, DER STANDARD, Printausgabe 26.9.2002)