Nahost
Israel setzte bisher selten UNO-Resolutionen um
Zeitung: UNO-Resolution 1435 wird auf dem Müllhaufen der Geschichte landen
Jerusalem/New York - Die israelische Regierung hat
deutlich gemacht, dass sie die jüngste Resolution des
Weltsicherheitsrates nicht umsetzen wird. Diese verlangt von Israel
das Ende der Belagerung des Hauptquartiers von Palästinenserpräsident
Yasser Arafat. Die UNO-Resolution 1435 "ist eine dieser deklarativen
Resolutionen, die auf dem Müllhaufen der Geschichte landen werden",
zitierte die Tageszeitung "Jediot Achronot" am Mittwoch einen
Mitarbeiter von Ministerpräsident Ariel Sharon. Im Verlauf der Debatte über die von den USA geforderte neue
UNO-Resolution gegen den Irak hat Syrien Israel vorgeworfen, in den
54 Jahren seiner Staatsgeschichte Dutzende UNO-Resolutionen
ungestraft missachtet zu haben. Die einzige Entschließung der
Vereinten Nationen, die Israel in vollem Umfang umgesetzt hat, ist
Resolution 425. Diese verlangte den Rückzug der israelischen Truppen
aus dem Südlibanon. Der Abzug Israels im Mai 2000 und die neue
Grenzziehung zwischen beiden Ländern, 18 Jahre nach Beginn des
Libanon-Feldzugs von 1982, wurden von den Vereinten Nationen
anerkannt.
Alle anderen Entschließungen, darunter die bis heute umstrittenen
Resolutionen 194 und 242 konnten die jeweiligen Regierungen in
Jerusalem weitgehend ignorieren, weil die internationale Gemeinschaft
nicht gewillt war, die Umsetzung ihrer Forderungen politisch oder
militärisch zu erzwingen. Andere waren so ungenau formuliert, dass
Israel sich bis heute mit den arabischen Nachbarn über die
Interpretation der Texte streiten kann.
So verlangte die UNO-Resolution 194 vom Dezember 1948, dass Israel
"(palästinensischen) Flüchtlingen, die in ihre Heimat zurückkehren
und mit ihren Nachbarn in Frieden leben möchten, die Rückkehr zum
frühest möglichen Zeitpunkt" ermöglichen müsse. Israel hat bis heute
das von den Palästinensern unter Berufung auf diese Resolution
geforderte "Recht auf Rückkehr" nicht zuletzt unter Hinweis auf die
unklaren Formulierungen bestritten: Denn wer kann schon überprüfen,
welches der "frühest mögliche Zeitpunkt" für die Rückkehr ist, und
welcher Flüchtling mit seinem Nachbarn "in Frieden leben" möchte.
Noch komplizierter ist die Interpretation der Resolution 242, in
der Israel nach dem Juni-Krieg von 1967 aufgefordert wurde, sich "von
den besetzten Gebieten" zurückzuziehen. So jedenfalls heißt es in der
französischen Fassung der Entschließung. In der englischen Fassung
dagegen wurde der bestimmte Artikel ausgelassen. Hier ist die Rede
vom Rückzug "aus besetzten Gebieten". Israel beruft sich auf diese
Fassung, die arabischen Staaten und die Palästinenser dagegen auf die
französische Version. Selbst die Zustimmung Israels zu den Verträgen
von Oslo 1993 und allen folgenden Vereinbarungen basieren letztlich
auf der unterschiedlichen Interpretation dieses Textes. Der Konflikt
zwischen beiden Parteien war damit programmiert.
Auch die beständige israelische Weigerung, die 4. Genfer
Konvention auf die besetzten Palästinensergebiete anzuwenden, beruht
auf unterschiedlichen Interpretationen. Israel beruft sich darauf,
dass die betroffenen Gebiete im Sinne des internationalen Rechts
nicht "besetzt" sind, weil es sich nicht um ehemaliges Staatsgebiet
handelt. Allerdings steht Israel mit dieser Interpretation des
Völkerrechts, die weder von den USA noch von der Europäischen Union
und vielen anderen Ländern geteilt wird, isoliert da. (APA/dpa)