Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: EPA/dpa/Tim Brakemeier
London/Berlin - Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat am Dienstagabend den britischen Premierminister Tony Blair besucht und Regierungskreisen zufolge dabei versucht, eine Verbesserung der belasteten Beziehung zu den USA einzuleiten. Mit dem Besuch bei Blair als engstem US-Verbündeten baue Schröder auch weiter an einer Brücke nach Washington, hieß es in Koalitionskreisen. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) kündigte an, die Regierung werde hart an der Verbesserung der Beziehungen arbeiten. US-Informationen zufolge telefonierte er mit US-Außenminister Colin Powell. Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) schlug für die Afghanistan-Schutztruppe ISAF eine deutsch-niederländische Führung vor, die das deutsche Engagement an der Seite der USA und Großbritanniens signalisieren soll. Die Belastung der deutsch-amerikanischen Beziehungen wurde durch weitere kühle Kommentare von Vertretern der US-Regierung deutlich. Ein Sprecher von US-Präsident George W. Bush bekräftigte in Washington, durch das Ende des deutschen Wahlkampfs sei nicht alles automatisch so wie vorher. Powell bezeichnete Deutschland jedoch trotz der Differenzen als engen Freund der USA. "Herzlich und informell" Blair und Schröder hätten unter anderem über den Irak, Afghanistan und Themen der Europäischen Union gesprochen, sagte ein britischer Regierungssprecher nach dem gemeinsamen Abendessen der Regierungschefs. Die Atmosphäre sei dabei "herzlich und informell" gewesen. "Wir teilen das gemeinsame strategische Ziel - die Welt von Massenvernichtungswaffen und Terrorismus zu befreien", fügte er hinzu. Blair und Schröder gaben keine Erklärungen ab. Schröder sagte beim Verlassen des britischen Regierungssitzes lediglich vor Journalisten, das Zusammentreffen sei "wie immer gut" gewesen. Schröder hat einen Militäreinsatz gegen den Irak strikt abgelehnt. Blair legte am Dienstag ein 50-seitiges Dossier vor, in dem die vom Irak ausgehenden Gefahren dokumentiert sind. Er hat sich auf die Seite der USA gestellt, die auch einen Alleingang in dem Konflikt nicht ausschließen. SPD-Fraktionsvize Gernot Erler sagte, das gute deutsch-britische Verhältnis könne bei der Entspannung der Beziehung zu den USA hilfreich sein. Blair hatte Schröder vor der Wahl gegen Kritik in der Irak-Frage verteidigt. Die deutsche Ablehnung eines Irak-Angriffs und ein angeblicher Vergleich der politischen Methoden von US-Präsident George W. Bush mit denen Adolf Hitlers durch Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) hatten heftige US-Kritik ausgelöst. Schröder hatte am Montag Däubler-Gmelins Rückzug angekündigt. Offiziell äußerte sich das US-Präsidialamt nicht zu Schröders Wahlerfolg, während zahlreiche andere Regierungschefs bereits zum Wahlsieg gratuliert haben. In US-Regierungskreisen hieß es, vor Schröder liege viel Arbeit, um die Beziehung zu reparieren. Bushs Sprecher Ari Fleischer sagte in Washington, die USA arbeiteten mit Schröder zusammen, so wie es die Regierung mit jedem gewählten Regierungschef tue. Das Verhältnis werde sich mit der Zeit einrenken, "aber niemand sollte sich da etwas vormachen oder falschen Vorstellungen hingeben, als ob alles wieder wie vorher wäre, jetzt, da die Wahl vorbei ist." Powell sagte indes der russischen Zeitung "Iswestija": "Deutschland ist einer unserer engsten Freunde, und Differenzen und Schwierigkeiten werden in jeder Beziehung von Zeit zu Zeit aufkommen." Fischer kündigte intensive Bemühungen um bessere Beziehungen zu den USA an: "Wir werden sehr hart arbeiten, um diese Beziehungen zu verbessern", zitierte ihn die "New York Times". "Sie sind entscheidend für beide Seiten, vor allem für uns." Deutschland müsse zu normalen Beziehungen mit den USA zurückkehren. Struck sagte bei einem Treffen der Verteidigungsminister der NATO in Warschau, das Angebot, im Februar das ISAF-Kommando zu übernehmen, sei ein bedeutender zusätzlicher Beitrag, den auch die USA honorieren würden. Er glaube, "dass nach einigen Aufgeregtheiten jetzt das Verhältnis sich ganz schnell wieder zu einem ganz normalen Arbeitsverhältnis entwickeln wird". Die Übernahme des Kommandos soll als militärische Entlastung und als politisches Signal an die USA und Großbritannien dienen. Struck betonte das deutsche Selbstbewusstsein im Verhältnis zu den USA, die wüssten, dass sie mit der neuen Bundesregierung zusammenarbeiten müssten. In der deutschen Delegation hieß es, Struck wolle die Gewichte im Verhältnis zu den USA gerade rücken, ohne auf den Knien zu rutschen. Zuvor hatte Strucks US-Kollege Donald Rumsfeld die Beziehungen als vergiftet bezeichnet und ein separates Treffen mit Struck abgelehnt. Struck sagte, er habe mit Rumsfeld am Montagabend am Rande eines Empfangs in Warschau kurz gesprochen. (APA/Reuters)