Welt
Philosophen gegen den Allmachtswahn
Gemeinsamer Tenor: Wissenschaft überschreite Grenzen, wenn sie über Anfang und Ende des Menschen bestimmen wolle
Bonn - Nicht alles, was für den Menschen technisch oder
in der Biomedizin möglich und machbar ist, darf auch gemacht werden.
Darüber herrscht unter Deutschlands Philosophen weitgehend Einigkeit.
Unter dem Tagungsthema: "Grenzen und Grenzüberschreitungen"
diskutierten rund 1.000 Vertreter der denkenden Zunft in dieser Woche
in Bonn über die Grenzen von Wissen und Handeln. Dabei ging es immer
wieder auch um die Bioethik. Hier wollen sich die Philosophen, die in den vergangenen Jahren
bei zunehmender Dominanz der Natur- und Technikwissenschaften aus dem
Blickfeld gerieten, einmischen und Beiträge zu einer verantwortlichen
Nutzung der biomedizinischen Möglichkeiten leisten. Im Unterschied
zum letzten Kongress vor drei Jahren in Konstanz, als die Zukunft des
Wissens und die Chancen der Gentechnik im Zentrum standen, ging es
auf dem XIX. Deutschen Kongress für Philosophie vor allem um
Grenzziehungen.
Gegen Allmachtsgefühle
In Konstanz sei der Fortschrittsgedanke akzentuiert worden,
erläuterte Kongress-Organisator und Präsident der Deutschen
Gesellschaft für Philosophie, Professor Wolfram Hogrebe (Bonn). In
Bonn gehe es darum, die moralischen und normativen Grenzen der
Selbstmanipulation des Menschen und einen "verantwortbaren
Fortschritt" aufzuzeigen. Das bedeute auch, den "Allmachtsgefühlen"
entgegen zu treten, dass ohne Einhalt alles, was möglich ist, auch
realisiert werden könne. Philosophie könne Politik zwar nicht
ersetzen, sie könne aber das Gewissen der Menschheit sein. "Und dazu
gehört, zu sagen, was geht und was nicht."
Der renommierte Heidelberger Philosoph Wolfgang Wieland warnte vor
Dammbrüchen bei "neuen Optionen" zur Tötung oder Züchtung von
Menschen und machte unmissverständlich klar, dass die Bioethik und
die Freiheit der Wissenschaft dann Grenzen überschreite, wenn sie
über Anfang und Ende des Menschen bestimmen wolle. "Das Lebensrecht
ist nicht relativierbar."
(APA/dpa)