Rom - Am Tag der deutschen Bundestagswahl beschäftigen sich ausländische Zeitungen in Kommentaren vor allem mit den umstrittenen Aussagen der deutschen Justizministerin Herta Däubler-Gmelin und der Position von Kanzler Gerhard Schröder zur Nicht-Teilnahme deutscher Truppen an einem möglichen militärischen Eingreifen im Irak. So schreibt etwa die konservative britische Zeitung "The Sunday Times" (London): "Sie mag außerhalb ihrer deutschen Heimat unbekannt gewesen sein, doch dank eines haarsträubenden Vergleichs von Präsident Bush und Adolf Hitler hat es Herta Däubler-Gmelin nun zu 15 Minuten Weltruhm gebracht. Die deutsche Justizministerin hat auch sichergestellt, dass Gerhard Schröder - im Falle eines Wahlsieges - keine all zu schnelle Einladung nach Camp David erwarten sollte. Deutschland ist ein orientierungsloser Riese. Das Land mag peinlich berührt gewesen sein, dass es den Gastgeber für die terroristische Zelle des 11. September gespielt hatte, aber das hat seine Haltung hinsichtlich anderer globaler Risiken nicht verändert. Der Niedergang der deutschen Wirtschaft ist noch alarmierender. Vor zehn Jahren machte sich Margaret Thatcher noch Sorgen, dass ein vereinigtes Deutschland eine solche Wirtschaftskraft entfalten könnte, dass es Europa wirtschaftlich und politisch dominieren würde. Es ist dann ganz anders gekommen. Deutschlands Probleme reichen tief. Die heutige Wahl wird sie wahrscheinlich nicht lösen." Die konservative britische Zeitung "The Sunday Telegraph" (London) schreibt: "US-Steuerzahler haben die Verteidigung Deutschlands mitbezahlt, während das Gastland den extravagantesten Sozialstaat der Welt schaffen konnte. Kriegsangst hat das zunehmend furchtsame Land nun mehr und mehr im Griff. Die Führungsrolle in der europäischen Politik verlagert sich nach Paris und London. Für die amerikanisch-europäischen Beziehungen könnte das der Beginn eines radikalen Wechsels sein - und der Anfang vom Ende der deutschen Hegemonie auf dem europäischen Kontinent." Zu den Bundestagswahlen meint auch die römische Zeitung "La Repubblica" am Sonntag: "Die deutsch-amerikanische Allianz, das muss man sich klar machen, steht derzeit in Deutschland nicht auf dem Spiel. Niemand im deutschen Wahlkampf hätte je auch nur davon geträumt, diese zur Diskussion zu stellen. Was die Wahl in Deutschland allerdings an den Tag bringt, ist die Missstimmung im größten Land Westeuropas gegenüber einer Regierung in Washington, die sich in Richtung eines Präventivkrieges zubewegt. Die Wiederwahl des Kanzlers Gerhard Schröder, der a priori eine deutsche Beteiligung an diesem Konflikt an der Seite Amerikas ausgeschlossen hat, auch dann, wenn er von der UNO gebilligt werden sollte, würde im Augenblick wie eine Ohrfeige für die Politik George Bushs erscheinen." (APA/dpa)