Susanne Riess-Passer geht, und sie kommt, wenn überhaupt, auf Bundesebene wohl erst wieder, wenn Jörg Haider wirklich endgültig aus der FPÖ und der Politik verschwunden ist. Sonst gibt es eine Hassreaktion von ihm. Riess-Passer ist in unserem kleinen österreichischen Politdrama eine Schlüsselfigur, aber eine seltsam konturenlose. Sie lehnte sich zuletzt gegen die Demütigungen Haiders auf und kippte damit nicht nur die Regierung, sondern legte auch den politischen Kraftverlust ihres einstigen Mentors bloß. Er reagierte prompt mit dem Rückzug in die Depression ("Ich weiche der Gewalt"). Die langen Jahre vorher allerdings hatte sie seine Wahnsinnigkeiten bedingungslos unterstützt: Anti-Ausländer- und Anti-Euro-Volksbegehren und, kaum ein Jahr her, das Anti-Temelín-Volksbegehren. Was ihre eigene politische Substanz ist, ja, was sie eigentlich als Vizekanzlerin gemacht hat, blieb unter ihrem Sprudelsprech immer unklar (bis auf eines: Sie machte, immerhin, die NS-Verharmlosung nicht mit). So bleibt ein zwiespältiges Bild: eine Politikerin mit wenig eigenen Konturen, deren einzige große Leistung es ist, sich mit dramatischen Folgen gegen ihr Überich Haider aufgelehnt zu haben. (DER STANDARD, Printausgabe, 21./22.9.2002)