Wien - Die Klagewelle gegen Asbest verarbeitende Unternehmen
in den USA nimmt für die betroffenen Unternehmen einen günstigeren
Verlauf als es noch vor einigen Wochen den Anschein hatte. In
bisherigen Gerichtsurteilen seien Unternehmen, die sich im Status des
Chapter 11 (Ausgleichsverfahren nach US-Recht) befinden, zu
geringeren Entschädigungen verurteilt worden als zuvor erwartet
worden war. Rund 250 von Asbestklagen betroffene Konzerne, darunter
Combustion, eine Tochter des europäischen ABB-Konzerns, wollen die
weiteren Verfahren vor dem US-Bundesgericht und nicht vor örtlichen
Gerichten behandelt haben.
Ein Asbest-Prozess, der für 23. September im Bundesstaat West
Virginia anberaumt ist, soll zunächst ausgesetzt werden. Das Gericht
soll auch prüfen, ob der Fall nicht direkt übernommen werden könnte.
Ein Anwalt der Konzerne erklärte laut Agenturberichten, dass das in
West Virginia geplante Zusammenziehen von Tausenden unterschiedlicher
Fälle auf der Klägerseite und von Hunderten Firmen auf der
Beklagtenseite rechtswidrig sei. So einen Massenprozess habe es bei
den Asbestfällen noch nie gegeben.
"Umfeld wird etwas günstiger gesehen"
"Das Umfeld wird jetzt etwas günstiger gesehen", sagte
Pressesprecher Volkmar Weilguni von der RHI AG, die bis Ende 2001 mit
ihren mittlerweile entkonsolidierten und seit Anfang 2002 in
Chapter-11 steckenden US-Beteiligungen im Bundesstaat Pennsylvania
schwer in die Asbestproblematik verstrickt war. RHI erwartet nach
früheren Angaben 180 Mill. Dollar bis Ende 2003 oder 2004 aus
Zahlungen der US-Konzerne Honeywell und Halliburton. Von diesen
Konzernen hatte RHI in den 90er-Jahren (teils indirekt) Betriebe zur
Herstellung feuerfester Ofenauskleidungen erworben, die dann von der
ausufernden Asbest-Klagewelle in den USA eingeholt wurden.
80 Mill. Dollar an Forderungsabgeltungen sind in zwei Tranchen,
Ende 2001 und Anfang 2002, bereits an RHI geflossen. Ob die noch
erwarteten Zahlungen jetzt früher fließen könnten, um den
Schuldenstand der RHI, der zum Halbjahr 2002 bei 430 Mill. Euro lag,
rascher abzubauen, könne aber derzeit nicht gesagt werden. Es sei
aber zu erwarten, dass die dafür maßgebliche richterliche
Entscheidung früher fallen könnte, da Zahl und Umfang der Forderungen
reduziert worden seien, so Weilguni.
US-Beteiligungen entkonsolidiert
RHI hat im heurigen Jänner sämtliche, mit massiven Asbestklagen
konfrontierten US-Beteiligungen rückwirkend für die Bilanz 2001
entkonsolidiert, um eine weitere Belastung der Muttergesellschaft
durch die Asbestklageflut zu vermeiden. "Hätte man das damals nicht
gemacht, hätte das Unternehmen das nicht durchgestanden", sagte
Weilguni zu aktuellen Anspielungen, dass die Abgabe der
US-Beteiligungen möglicherweise voreilig erfolgt sei.
RHI war vor allem aus dem Abschreibungsbedarf für die
US-Beteiligungen 2001 ein Jahresverlust von 870 Mill. Euro
entstanden, der das Unternehmen an den Rand der Insolvenz gebracht
hatte. Nur durch eine Bilanzsanierung mit einem großzügigen
Entschuldungspaket der Gläubigerbanken, die Forderungen von 400 Mill.
Euro in tilgungsfreies Mezzaninkapital umwandelten und für die
restlichen Bankverbindlichkeiten (insgesamt 1,1 Mrd. Euro) ein Zins-
und Tilgungsmoratorium bis 2007 gewährt haben sowie durch die
Begebung einer Wandelanleihe über 144 Mill. Euro konnte das
Unternehmen gerettet werden.
Bis Ende 2002 erwartet RHI eine Schuldenreduktion auf 400 Mill.
Euro, wobei das angepeilte positive Betriebsergebnis vor Zinsen und
Steuern (EBIT) von 71 Mill. Euro nach Angaben von Konzernchef Helmut
Draxler von Ende August durchaus übertroffen werden könnte. RHI
notierten Freitag mittag bei 7,13 knapp unverändert zum
Donnerstag-Schluss.(APA)