Berlin - Deutschland will die von der EU-Kommission angemahnten Daten zu Wachstum und Haushalt noch im September in Brüssel abliefern. Das teilte ein Sprecher des Finanzministeriums am Freitag auf Anfrage in Berlin mit. Er widersprach damit einem Bericht im "Handelsblatt". Darin würden offensichtlich diese Kennziffern zur Überprüfung des deutschen Haushaltsdefizits mit dem ebenfalls in Brüssel abzugebenden förmlichen Stabilitätsprogramm verwechselt. Die Zeitung berichtete, die Finanzdaten sollten erst im November gemeldet werden, weil Ressortchef Hans Eichel das Herbstgutachten der sechs führenden Forschungsinstitute abwarten wolle. "Wir werden die Daten so schnell wie möglich nach Brüssel übermitteln", sagte der Sprecher des Ministeriums. Da sie eigentlich Anfang September bereits vorliegen sollten, waren Deutschland und andere Staaten von der Kommission bereits ermahnt worden. Fachleute erwarten seit einigen Wochen, dass die Deutschen angesichts der schwachen Wirtschafts- und Steuerentwicklung die Obergrenze für den Defizitanteil am Bruttoinlandsprodukt von drei Prozent in diesem Jahr nicht einhalten kann. "Daten über Wahltag verschleppen?" Eichel, der dies bestreitet und bisher eine Defizitquote von 2,5 Prozent nach Brüssel gemeldet hat, wollte nach Angaben seines Ministeriums möglichst zeitnah die noch mögliche Konjunktur- und Steuerentwicklung auswerten. Dabei spielt auch die realistische Abschätzung der Soforthilfen für die Geschädigten des Hochwassers in einigen Bundesländern eine Rolle. Die Opposition hält Eichel vor, er wolle die Daten bewusst über den Wahltag hinweg verschleppen. Im Herbst erfolgt üblicherweise die Aktualisierung der deutschen Haushalts- und Wirtschaftsdaten. Dabei spielen auch die neuen Konjunkturberichte der Wissenschaft eine wichtige Rolle. So werden die sechs führenden Forschungsinstitute ihr Herbstgutachten Ende Oktober, der Sachverständigenrat der "Fünf Weisen" sein Jahresgutachten Anfang November vorlegen. Neue Steuerschätzung und Datenrevision Im November folgen auch die neue Steuerschätzung und die offizielle Datenrevision durch das "Wirtschaftskabinett". Offiziell geht die Bundesregierung von einem Wirtschaftswachstum von 0,75 Prozent in diesem Jahr und 2,5 Prozent im nächsten aus. Experten erwarten eine Korrektur beider Prognosen nach unten. Neben der Meldung der Finanzdaten müssen die Mitgliedstaaten jährlich ihr Stabilitätsprogramm fortschreiben und nach Brüssel schicken. Dies geschehe üblicherweise Ende November, hieß es im Bundesfinanzministerium. Darin wird umfassend die Finanzpolitik als Teil der Gemeinschaftspolitik erläutert. (APA)