Wien – In der Causa um die verschwundenen Original-Akten aus dem Verteidigungsministerium, die Ressortchef Herbert Scheibner (F) selbst am Donnerstag im Nationalrat publik gemacht hat, wird heeresintern bereits seit "geraumer Zeit" ermittelt. Das berichtet die "Presse". Ermittelt werde gegen den früheren Leiter der Luftabteilung, Josef B., sowie ein bis zwei weitere Personen, hieß es auf Anfrage. B. war in allen drei Fällen, wo Akten verschwunden sein sollen, zuständig, heißt es.

B. selbst zeigte sich auf Anfrage verwundert. "Was soll ich mit den Akten machen? Ich habe nur meine persönlichen Sachen mitgenommen." Im Übrigen würden die Originalakten in den Kanzleien aufbewahrt und nicht in den Abteilungen. Und zu dem von der Zeitung genannten "Korruptionsverdacht": "Was soll ich Informationen verkaufen. Mit dem Vorwurf der Korruption habe ich mich ungefähr 20 Jahre herumschlagen müssen. Wenn ich alle Yachten und Villen tatsächlich hätte, ich wäre voll ausgelastet gewesen, sie selbst zu verwalten."

Die Zeitung berichtet auch über den Inhalt der betreffenden Akten: Einer betrifft die Abschaltung einer "Beam Gruppe" des Radarsystems "Goldhaube", über die der Grün-Abgeordnete Peter Pilz am Mittwoch die Causa ins Rollen gebracht hat.

Akt zwei betrifft rund 14 Millionen Euro, die die zivile Luftraumüberwachung Austro Control dem Bundesheer jährlich verrechnet. In Akt drei schließlich geht es um eine heereseigene Entwicklung zur Hochrüstung des Saab Draken, die nach Schweden verkauft wurde.

In allen drei Fällen seien die Originale der Akten verschwunden, es gebe nur mehr so genannte "Referatskopien". Details zum Inhalt wollte man im Verteidigungsministerium "im Hinblick auf die militärische Geheimhaltung" nicht bekannt geben. Bereits vor einigen Wochen waren freilich Klagen laut geworden, dass man der Austro Control zu viel bezahle. Die Austro Control hat dies bestritten; die detaillierten Abrechnungen würden auch von Experten der Landesverteidigung geprüft.

Aus dem Akt zur "Goldhaube" wiederum hatte Pilz am Mittwoch zitiert: "Das bedeutet, dass durch die 14-monatige Verzögerung einer Entscheidung hinsichtlich der weiteren Vorgangsweise ab 1. Jänner 2002 im Primärradarbereich nur mehr eine sehr eingeschränkte Beobachtungs- und de facto keine Führungsfähigkeit mehr besteht."

Der Abgeordnete hatte außerdem von einem Hintergrundgespräch mit Journalisten berichtet. Dabei handelte es sich um den Österreich-Korrespondenten der Fachzeitschrift "Jane's Defence Weekly", Georg Mader, sowie den Betreiber der Internet-Homepage airpower.at. Das Interview sei geführt, aber nie veröffentlicht worden, so Mader. B. habe eine Abschrift erhalten.

B. wiederum ist mit Jahresbeginn in Pension gegangen. Im Gegenzug ist ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingestellt worden. Grund des Verfahrens war, dass er sich – während die Ausschreibung noch gelaufen ist – in einem Interview öffentlich für eine "europäische Lösung" bei der Draken-Nachfolge und damit indirekt für den schwedischen "Gripen" ausgesprochen hatte. (APA)