EU
EU-Generalanwalt hält Doppelurteile in der EU für illegal
Beschuldigter soll nicht in anderem EU-Land erneut verurteilt werden können
Luxemburg - Innerhalb der 13 EU-Länder des Schengenraums
dürfen Bürger für eine Tat nicht doppelt verurteilt werden. Das hat
der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof in den ersten beiden
Rechtsfällen dieser Art am Donnerstag in Luxemburg festgestellt. In
beiden Fällen waren deutsche Gerichte betroffen. Es würde gegen die Grundsätze des Aufbaus Europas verstoßen, wenn
ein Beschuldigter nach einem Endurteil wegen desselben Sachverhalts
in einem anderen EU-Land erneut verurteilt werden könnte, erklärte
Generalanwalt Damaso Ruiz-Jarabo in seinem Schlussantrag. Das gelte
für Verurteilungen ebenso wie für Freisprüche und auch für einen
staatsanwaltschaftlichen Vergleich, denn auch dieser sei ein letztes
Wort der öffentlichen Gewalt.
In einem Fall, der dem EuGH zur Vorabentscheidung vorliegt, ging
es um einen türkischen Drogenhändler. Der Mann hatte den Vorschlag
der niederländischen Staatsanwaltanwaltschaft angenommen, das
Verfahren im Rahmen eines Vergleichs einzustellen. Dennoch erhoben
die deutschen Behörden Anklage gegen den Türken, und er wurde von
einem Aachener Gericht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Dagegen
ging der Angeklagte in Berufung.
Im zweiten Fall ermittelten die belgischen und die deutschen
Strafverfolgungsbehörden gegen einen Deutschen, weil er in Belgien
eine Belgierin verletzt hatte. Die Staatsanwaltschaft Bonn bot dem
Beschuldigten an, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße
einzustellen. Der Beschuldigte nahm diesen Vergleich an. Das
belgische Gericht wollte nun vom EuGH erfahren, ob es den deutschen
Staatsbürger in der Sache trotzdem vorladen kann.
In beiden Fällen sah der Generalanwalt die Rechtssachen mit dem
Vergleich als erledigt an, da die Beschuldigten die entsprechenden
Auflagen erfüllt hatten. Die Auffassung des Generalanwalts beim EuGH
ist noch nicht die endgültige Entscheidung in den beiden
Rechtssachen. In rund 80 Prozent aller Fälle folgen die europäischen
Oberrichter in Luxemburg allerdings dieser juristischen Expertise. (APA/dpa)