Berlin - Der britische Premierminister Tony Blair hat
die Irak-Politik des deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD)
in Schutz genommen. Blair unterstützte in einem Interview mit dem
Berliner "Tagesspiegel" die Haltung Schröders, wonach die Frage der
Waffeninspektionen im Vordergrund stehen müsse, nicht aber ein
Regimewechsel in Bagdad. Auch werfe die Bundesregierung mit ihrer
Ablehnung von Kriegsplänen "Fragen auf, die sinnvollerweise durchaus
zu stellen sind", sagte Blair.
Entschieden trat der britische Regierungschef dem Eindruck
entgegen, Deutschland sei wegen seines Neins zu einem Angriff auf den
Irak international isoliert. "Wir sollten die Differenzen nicht
übertreiben", warnte Blair davor, bestehende
Meinungsverschiedenheiten hochzuspielen.
Blair stellte auch klar, dass Schröder sich nicht, wie von der
CDU/CSU in Deutschland dargestellt, aus opportunistischen Gründen im
Wahlkampf gegen Militäraktionen wende. "Innenpolitisch hätte Schröder
es sich sehr viel einfacher machen können, wäre Deutschland weiterhin
passiv geblieben", sagte Blair. Er betonte, er arbeite mit Schröder
"wirklich sehr eng und vertrauensvoll zusammen - von Kosovo über
Mazedonien bis Afghanistan" und "so wird es auch in Zukunft sein".
Der Bundeskanzler habe "einige außerordentlich mutige Entscheidungen
getroffen" und Deutschland Verantwortung und Führung übernommen.
"Niemand, wirklich niemand zweifelt an Gerhard Schröder", betonte
Blair.
Während Schröder in den vergangenen Wochen mit seinem Nein zu
einem Militärschlag auf deutliche Distanz zu US-Präsident George W.
Bush gegangen war, gilt Blair als Bushs engster Verbündeter in
Europa. Gleichwohl sagte auch der britische Premier nun dem
"Tagesspiegel", für ihn stehe nicht die Beseitigung des irakischen
Regimes im Vordergrund. Dieses sei zwar "verabscheuungswürdig", die
Forderung der internationalen Gemeinschaft sei jedoch "der Zugang von
Waffeninspekteuren zu jeder Zeit und an jeden Ort im Irak". Das
"zentrale Problem" seien die Massenvernichtungswaffen des Irak und
nicht ein Regimewechsel. Blair wies auch darauf hin, der Eindruck sei
falsch, dass es in den USA nur eine Meinung gebe. (APA)