Mensch
Tod aus dem Rachen: Pneumokokken
40 bis 50 Prozent der Erwachsenen sind "besiedelt"
Wien - Der Tod lauert im Rachen: 40 bis 50 Prozent der
Erwachsenen sind dort mit Pneumokokken "besiedelt". Daraus können
lebensgefährliche Lungenentzündungen entstehen. Allein in Österreich
könnten durch die Pneumokokken-Impfung pro Jahr zumindest einige
Hundert Todesfälle verhindert werden. Das erklärten Fachleute am
Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien aus Anlass der
bevorstehenden Pneumokokken-Impfaktion von Ärzte- und
Apothekerkammer. "Wir rechnen in Österreich mit jährlich 16.000 bis 18.000
Patienten, die im Spital wegen einer Lungenentzündung behandelt
werden müssen. 1.000 bis 1.600 Patienten sterben pro Jahr auf Grund
dieser Problematik", warnte der Wiener Lungenspezialist Univ.-Prof.
Dr. Wolfgang Popp (Geriatriezentrum Am Wienerwald). Wahrscheinlich
aber sind es pro Jahr in Österreich Tausende Tote, weil die meisten
Pneumonie-Patienten ja gar nicht im Krankenhaus behandelt werden.
Verschiedene Stämme
Dahinter stecken die verschiedenen Pneumococcus
pneumoniae-Bakterien-Stämme. Es gibt an die 100 verschiedene. Etwa 50
Prozent der bakteriellen Lungenentzündungen werden durch diese Keime
ausgelöst. Doch obwohl es seit Jahren eine Impfung für Menschen ab dem
vollendeten zweiten Lebensjahr gibt, die nach einmaliger Anwendung
fünf Jahre lang zuverlässig vor Pneumokokken-Erkrankungen schützt,
sind noch viel zu wenige Menschen immunisiert. Popp: "Wir haben eine
Gesamt-Durchimpfungsrate von vier Prozent und eine von 13,5 Prozent
bei den Risikogruppen."
Empfohlen ist die Immunisierung speziell für alle Personen ab dem
vollendeten zweiten Lebensjahr mit chronischen Erkrankungen (Leber,
Herz, Nieren, Diabetes etc.) sowie für alle Menschen über 60. Der Salzburger "Impf-Papst" Univ.-Prof. DDr. Ernst Gottfried Huber
will prinzipiell einen möglichst großen Teil der Bevölkerung
geschützt sehen und erwartet auch eine Herabsetzung des Alters, ab
dem diese Immunisierung auf jeden Fall empfohlen wird : "Ab 50 soll
sich jeder impfen lassen, ab 60 muss geimpft werden." Popp: "Wir könnten die Zahl der Pneumokokken-Lungenentzündungen
und der Todesfälle um 70 bis 90 Prozent reduzieren."
Influenza-Impfung plus jene gegen die Pneumokokken wären ideal, um
vielen Österreichern die schweren Erkrankungen zu ersparen.
Impfaktion
Die Österreichische Apothekerkammer und die Österreichische
Ärztekammer starten deshalb mit 1. Oktober bis 31. Dezember eine
Pneumokokken-Impfaktion in ganz Österreich. Während dieser Zeit
kostet das Vakzin in den Apotheken 23,90 Euro. Die Empfehlung für das
Impfhonorar beim Arzt lautet auf zehn Euro. Mag. Dr. Christiane Körner, Vizepräsidentin der Österreichischen
Apothekerkammer: "Alle Krankenkassen - bis auf die
Gebietskrankenkassen - zahlen für Menschen über 60 darüber hinaus
einen Zuschuss von sieben Euro."
Auf die Frage, warum die Gebietskrankenkassen sich nicht
beteiligten, erklärte Dr. Christiane Körner: "Die Standardantwort auf
unsere zwei Briefe war: 'Es ist kein Geld vorhanden'. Die anderen
Krankenkassen haben die Wichtigkeit der Impfung erkannt." Dr. Wilhelm Sedlak, Impfreferent der Österreichischen Ärztekammer:
"In den USA hat sich laut dem Zentrum für Krankheitskontrolle (CDC)
gezeigt, dass durch die Impfung die Zahl der Erkrankungen sinkt. Es
wird aber offenbar auch ein Kollektivschutz erreicht." Das heißt,
dass nicht nur die Immunisierten selbst nicht krank werden, sondern
die Pneumokokken-Infektionen insgesamt seltener auftreten.
Für Säuglinge im Alter ab dem zweiten Lebensmonat und bis zum Ende
des zweiten Lebensjahres gibt es seit kurzem durch einen speziellen
Impfstoff eine Möglichkeit des Schutzes. Während bei Erwachsenen und
chronisch Kranken die Pneumokokken vor allem die lebensgefährliche
Lungenentzündung auslöst, stehen bei den Säuglingen die Mittelohr-
und Gehirnhautentzündungen im Vordergrund. (APA)