Quod erat expectandum, nur nicht so schnell. Dass Saddam Hussein die UNO-Waffeninspektoren nach fast vier Jahren zurück in den Irak eingeladen hat, kommt jetzt kaum überraschend, für solche Volten ist er immer gut. Dass er einlenkt, bevor ihn eine neue UNO-Resolution unter Gewaltandrohung dazu auffordert, ist jedoch geradezu brillant. Die Stimmen bleiben nicht aus, die sagen, die Abfassung einer solchen Resolution habe sich damit erledigt. Ein Krieg sowieso. Ob etwa diejenigen europäischen Länder, die voll auf Kriegskurs eingeschwenkt sind, die Nerven haben, bei einem Krieg gegen einen Irak mitzutun, in dem UNO-Inspektoren ihre Arbeit verrichten, ist mehr als fraglich.US-Außenminister Colin Powell, der diskret die Gruppe der Tauben außerhalb der jetzigen Administration anführt, denen Präsident George Bush mit seiner Rede vor der UNO-Vollversammlung gefolgt war, war gestern in Washington gewiss kein sehr beliebter Mann. Da wird auch nichts daran ändern, dass Powell selbst seit Tagen betont, mit der Zulassung von Inspektionen sei es nicht getan. Aber die Waffenfrage ist eben doch der größte Brocken: Denn dass Saddam seine Bevölkerung schikaniert und umbringt, ist keine Neuigkeit und hat nie jemand - die USA am allerwenigsten - wirklich interessiert. Wobei das letzte Wort natürlich längst nicht gesprochen ist: Bei Verhandlungen zwischen der UNO und dem Irak und - so es jemals dazu kommt - spätestens bei der Arbeit der Unmovic im Irak wird sich herausstellen, wie ernst es Saddam wirklich meint. Jahrelang hat er die Inspektoren zum Narren gehalten - dass er nun eine grundsätzliche Entscheidung fällt, alles, was ihn in seinem eigenen Verständnis groß und stark macht, aufzugeben, ist schwer vorstellbar. Aber Zeit hat er gewonnen. Wieviel, hängt nicht zuletzt davon ab, wie schnell sich Bush aus dem Netz befreit, das er sich vor der UNO übergeworfen hat. (DER STANDARD, Printausgabe, 18.9.2002)