Sichrovsky: Haider-Vorwurf gegen Waffenlobby "absurd"
"Völlig unbegreiflich" dass nur FPÖ-Politiker verdächtigt werden
Redaktion
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Brüssel - "Absurd" sind nach Ansicht des zurückgetretenen
FPÖ-Generalsekretärs Peter Sichrovsky die Vorwürfe des Kärntner
Landeshauptmannes Jörg Haider, er werde von der Waffenlobby bedroht
weil er sich gegen den Kauf von Abfangjägern ausgesprochen hat.
Haider müsse nun erklären, warum er so mächtig sei, dass sich die
einzige Bedrohung gegen ihn richte, obwohl auch andere Politiker wie
SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer und Grünen-Chef Alexander van der Bellen
gegen den Abfangjägerkauf eintreten, so Sichrovsky am Dienstag.
"Jetzt ist Dr. Haider aufgefordert, die Öffentlichkeit zu
informieren, warum er so eine wichtige Person ist, dass sich die
Bedrohung gegen ihn richtet", sagt Sichrovsky, der bis zum
FPÖ-Parteitag am Samstag noch Generalsekretär ist. Und weiter: "Wenn
Haider so mächtig ist, dann muss es parallel zur
Regierungsentscheidung eine Struktur geben, wo er eine ganz
entscheidende Rolle spielt. Sonst verstehe ich nicht, dass ihn jemand
bedroht".
"Völlig unbegreiflich"
"Völlig unbegreiflich" ist für Sichrovsky, dass sich die Vorwürfe
Haiders nur gegen FPÖ-Minister richten. "Niemand spricht heute von
ÖVP-Ministern als verdächtig", dabei habe Bundeskanzler Wolfgang
Schüssel die Entscheidung mitgetragen und stehe auch jetzt noch dazu.
Angeschwärzt werde nun "von FPÖ Politikern und Funktionären"
Vizekanzlerin Riess-Passer "als ob sie eine größere
Entscheidungsgewalt als der Bundeskanzler hätte".
Auch Haider sei in die Kauf-Entscheidung "voll eingebunden" und
"auf Grund der wirtschaftlichen Vorteile für Kärnten ein ganz starker
Verfechter des Ankaufs" gewesen, erinnert Sichrovsky. Es gebe
Gesprächsprotokolle aller Anbieter mit Haider. Sichrovsky selber ist
nach wie vor für den Ankauf der Eurofighter, weil dies die Empfehlung
der Militärs gewesen sei. "Ich lasse mich als Befürworter (des
Abfangjägerkaufs, Anm.) nicht kriminalisieren", betont Sichrovsky.
"Das dürfen wir uns nicht mehr gefallen lassen".
Billig-Krimi, Bananenrepublik
EADS, Hersteller des Eurofighter aber auch des Airbus, sei "einer
der größten internationalen Konzerne" und mache 80 Prozent des
Umsatzes in der zivilen Luftfahrt. Mit jeder größeren Fluglinie mache
EADS mehr Umsatz als durch den Abfangjägerverkauf an die Republik
Österreich. Wenn nun "einige aus unserer Partei und leider auch der
Opposition die Sprache eines Billig-Krimis verwenden", dann sei "der
Vorwurf der Bananenrepublik gegen Österreich mehr als berechtigt".
"Das Projekt, diese Gesinnungsgemeinschaft, wie sie sich auch
bezeichnet, zu einer regierungsfähigen Partei zu machen, ist vorerst
gescheitert". Das müsse man jetzt eingestehen, sagte der
zurückgetretene FPÖ-Generalsekretär Peter Sichrovsky am Dienstag in
Brüssel im Gespräch mit der APA. Insgesamt sei es für die Partei
derzeit eine "völlig beschissene Situation".
Eine FPÖ, in der der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider aktiv
mitarbeitet, sei "nicht regierungsfähig, außer er übernimmt allein
die Verantwortung als Parteiobmann und Spitzenkandidat", analysiert
Sichrovsky: "Sonst geht die Zerstörung weiter".
Es sei allerdings falsch, "Haider allein zu dämonisieren" als
alleinigen Verantwortlichen für die Situation. Man dürfe nicht die
400 Delegierten bei der Versammlung in Knittelfeld vergessen. Auch
habe sich seiner Ansicht nach Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer
letztlich deshalb zurückgezogen, weil sie in der Partei nicht die
nötig Unterstützung gefunden habe.
Gelähmte FPÖ
Die Arbeit in der FPÖ sei gelähmt worden, weil es ständig
Diskussionen über die Mitarbeit Haiders gegeben habe. Damit sei die
FPÖ "ständig mit sich selbst beschäftigt" gewesen. Sichrovsky hat
"keine Meinung" dazu, ob Haider sich nun tatsächlich endgültig aus
der Bundespolitik zurückgezogen hat. Sollte Infrastrukturminister
Mathias Reichhold neuer FPÖ-Parteiobmann werden, dann wäre dies für
Sichrovsky "eine hervorragende Wahl".
Sichrovsky will nach dem Parteitag nur mehr dann "im
Europaparlament auf der Ebene der Außenpolitik" in der FPÖ aktiv
mitmachen, "wenn eine vernünftige neue Führung den Weg der
Liberalisierung fortsetzt". Eine Zusammenarbeit der FPÖ mit dem
Vlaams Blok "gibt es nicht mit mir", so Sichrovsky.
Als Europaabgeordneter will er aber jedenfalls bis zum Ende der
Legislaturperiode (Juni 2004, Anm.) weitermachen, da er persönlich
gewählt sei. Die Frage der Wiederkandidatur stelle sich aber nicht,
denn "wer sollte mich aufstellen?", ist Sichrovsky realistisch.
Sichrovsky bedauert die Arbeit als FPÖ-Generalsekretär aber
keineswegs: "Es war eine spannende Zeit mit ganz tollen Leuten", sagt
er heute.
"Dem Schreiben widmen"
"Der einzige logische Karriereschritt nach dem Generalsekretär ist
der ehemalige Generalsekretär", sagt Sichrovsky, der sich in der
gewonnenen Freizeit "dem Schreiben widmen" will. Ansonsten habe er
keine Zukunftspläne. Sichrovsky hat soeben in Halle ein Büro
aufgemacht, das nach seinen Angaben "rein kommerziellen Zwecken"
dient. Es seien bei der Gründung auch keine EU-Mittel verwendet
worden.
Ein erster Brief an die Oberbürgermeisterin von Halle, in dem das
Büro in die Nähe der FPÖ gerückt wurde, sei ein "Fehler einer
übereifrigen Sekretärin" gewesen, sagt Sichrovsky. Der Brief sei
gesendet worden, ohne dass er ihn gesehen habe. Inzwischen gebe es
eine Neufassung des Briefes, mit der alles klargestellt werde. (APA)
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