Wien - Auf deutlich weniger Interesse als im Vorjahr die Strommarktöffnung stößt die Gasmarktliberalisierung, die ab 1. Oktober 2002 auch für Haushalte und Gewerbekunden die freie Lieferantenwahl ermöglicht. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens A.T. Kearney wollen nur 1 Prozent der Befragten den Gaslieferanten "sicher wechseln". Den Stromanbieter wollten im Vorjahr noch 10 Prozent wechseln - tatsächlich waren es allerdings nur 1,5 bis 2 Prozent. Auch der Informationsstand ist beim Gas relativ gering. Hauptmotiv für den Wechsel des Energie-Anbieters ist der Preis. Beim Gas sieht Florian Haslauer von A.T. Kearney eher geringes Einsparpotenzial: Er glaube nicht, dass die Gaspreise für die Haushalte in den nächsten Jahren sinken würden, "da müsste der Regulator schon massiv auf das Netz durchgreifen". Bei der Primärenergie sei eher eine Aufwärtstendenz feststellbar. "Eher nicht" wechseln wollen laut einer von OGM durchgeführten Umfrage unter 534 Haushaltskunden 81 Prozent der Befragten. "Sicher" wechseln will 1 Prozent, 8 Prozent geben "wahrscheinlich" an. Bei einer Umfrage zur Strommarktöffnung im Vorjahr habe rund die Hälfte der Befragten einen Wechsel in Betracht gezogen. Wichtigstes Auswahlkriterium für einen neuen Gas-Lieferanten sind Kostenersparnis (59 Prozent) und Versorgungssicherheit (58 Prozent). Auch mit verständlichen Angeboten (45 Prozent) kann man beim Kunden punkten. Besseres Kundenservice stößt dagegen auf eher weniger Interesse (25 Prozent). Mangelnde Information Als Gründe für die mangelnde Wechselbereitschaft ortet Haslauer die mangelnde Information über die Gasmarktöffnung: 35 Prozent der Befragten gaben an, dass man derzeit den Gasversorger noch nicht wechseln kann und lediglich 6 Prozent kannten den richtigen Zeitpunkt, ab dem der Wechsel möglich ist. Auf Grund der Erfahrungen aus der Strommarktliberalisierung erwarteten die Haushalte zudem nur geringe Kostenersparnisse. Alternative Anbieter sind zwei Wochen vor dem Start der Gasmarktöffnung außerdem noch nicht am Markt. Haslauer erwartet aber, dass sich im Laufe des Herbst doch neue Lieferanten zeigen werden, allerdings dürfte es weniger Auswahl als beim Strom geben. Ein Grund dafür sei, dass man derzeit noch nichts über die Netztarife wisse. Sollte es ein ähnliches Verhältnis wie am Strommarkt geben, wo die reinen Energiekosten rund 25 Prozent und die Netztarife 40 Prozent des Gesamtpreises ausmachen, werde der Wettbewerb wohl stark gebremst werden. Dieser werde sich erst bei sinkenden Netztarifen entwickeln. Erstes "Angriffsziel" für neue Lieferanten werde wohl der Wiener Markt sein, so Haslauer. Preise leicht über EU-Durchschnitt Die Gaspreise für Haushaltskunden (ohne Steuern und Abgaben) liegen in Österreich laut A.T.Kearney leicht über dem EU-Durchschnitt, wobei auch die nicht-veröffentlichten Netzgebühren voraussichtlich höher als der EU-Schnitt sein dürften. Das Recht auf Durchleitung werde im Zuge der Gasmarktliberalisierung in Österreich eingeführt, allerdings mit der Einschränkung, dass sie technisch möglich sein müsse. Langfristig lösbar sind für Haslauer die Probleme bei der Gasmarktliberalisierung nur dann, wenn auf EU-Ebene tatsächlich ein Unbundling durchgeführt wird. Die Liberalisierung des Gasmarktes wird laut einer früheren Studie von A.T. Kearney zu einem Verlust der inländischen Wertschöpfung in der Gasbranche um 20 Prozent führen. Vor drei Jahren errechnete das Beratungsunternehmen für die Gaswirtschaft eine Wertschöpfung von 15 Mrd. S (1,090 Mrd. Euro), die sich je zur Hälfte auf Importe und Inland aufteilte. Ein großer Teil davon dürfte bereits realisiert sein, so Haslauer. Preiserhöhungen auf der Beschaffungsseite seien von Unternehmen vielfach geschluckt worden. (APA)