Ökologie
Eltern des Helfers mussten warten
Interessenkonflikt in der Krise: Feuerwehrleute wurden ebenso Opfer des Hochwassers...
Ansfelden/Linz- "Der Eintritt und der Austritt sind
freiwillig. Dazwischen gibt
es nur Pflichten." Diesen
Leitspruch der Feuerwehrler hat sich Christian Führer
in den letzten Wochen oft
vorgesagt. Und hat damit in
der Zeit des Hochwassers
einen Gewissenskonflikt
entschieden: erst die Feuerwehr, dann die eigene
Betroffenheit.Während er nämlich an
jenem Montag Mitte August, als in Ansfelden bei
Linz der Damm der Krems
brach, bereits mit Kollegen
Hochwasseropfer aus überfluteten Häusern holte,
wurde das Haus seiner Eltern überschwemmt. Er hat
sie noch gewarnt: "Packt’s
z’samm, raus hier." Zwei
Stunden später stand
brusthoch das Wasser im
Wohnzimmer.
Vielen Einsatzhelfern ist
es in den Hochwassergebieten Ober- und Niederösterreichs sowie Salzburgs
ähnlich ergangen. Eduard
Potsch, ebenfalls aus Ansfelden, war dreifach betrof 2. Spalte
fen: Seine Wohnung wurde
überschwemmt, ebenso die
Schule, in der er als Schulwart arbeitet. Zudem ist er
Feuerwehrkommandant.
Auch für ihn galt: zuerst
Einsatz bei der Feuerwehr.
Alle miteinander waren
sie 70, 80 Stunden rund um
die Uhr im Einsatz. Haben
Wasser abgepumpt, Häuser
geräumt, Scheibtruhen und
Schaufeln verteilt. Zu Hause haben derweil Geschwister und Freunde geholfen.
Schön langsam vergisst
Christian böse Worte, die er
als Helfer in der Krise zu hören bekam: Man habe zu
wenig getan, man habe Leute im Stich gelassen. Aber
mehr als 3000 Protokolle
dokumentieren jede Hilfe,
die in Ansfelden angefordert und erledigt wurde.
Kommandant Potsch weiß,
was seine Leute in diesen
Stunden alles geleistet haben, "auch wenn nicht alles
perfekt war". Jetzt kümmert
er sich um die Sanierung
seiner Schule. Christian
stemmt bei den Eltern den
Estrich raus. (aw/DER STANDARD, Printausgabe, 17. 9. 2002)