Justizminister beklagt "Stimmungsmache" und verteidigt Auflösung des Jugendgerichtshofs
Redaktion
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Wien - "Die Standesvertreter haben von Anfang an gegen mich
Stimmung gemacht", beklagte Justizminister Dieter Böhmdorfer am
Sonntag in der Fernseh-"Pressestunde" des ORF. Die Präsidentin der
Richtervereinigung, Barbara Helige, habe in der Sekunde seiner
Angelobung "einen Pressedienst" herausgegeben, diesem seien viele
gefolgt. Er habe auf keinen mit einem ähnlichen "Pressedienst"
reagiert. Verständlich würde die Vorgangsweise, wenn man nun sehe,
dass Helige als Personalreserve der SPÖ für das Amt des
Justizministeriums gehandelt werde. Mit den Richtern an sich habe er
im Übrigen "überhaupt kein Problem", betonte Böhmdorfer.
Verteidigt wurde vom amtierenden Justizminister auch einmal mehr
die Entscheidung in Sachen Jugendgerichtshof. Präsident Udo Jesionek
habe bei der ihm zugeordneten Justizanstalt geduldet, dass
menschenrechtswidrige Zellen vorhanden gewesen seien.
Helige weist Kritik zurück
"Völlig haltlos und unsinnig" ist für
Richter-Präsidentin Barbara Helige der Vorwurf von Justizminister
Dieter Böhmdorfer (F), ihre Kritik an seiner Politik sei
parteipolitisch motiviert. Dieser Vorwurf stelle "nur den
untauglichen Versuch dar, von der berechtigten Kritik an bestimmten
Gesetzesvorhaben abzulenken und die Schwäche der eigenen
Argumentation zu überdecken". Die habe sich etwa im Rahmen der
Begutachtung zur Auflösung des Jugendgerichtshofs gezeigt, die "jede
Menge ablehnender Stellungnahmen" erbracht habe.
Jarolim: Umstrittenster Minister bleibt unbelehrbar
"Der umstrittenste Minister der Zweiten Rebuplik,
der seit seinem Amtsantritt auf heftge in- und ausländische Ablehnung
stößt, zeigt sich auch heute wieder unbelehrbar im Täuschen der
Öffentlichkeit", erklärte am Sonntag SPÖ-Justizsprecher Hannes
Jarolim.
Als "völlig an den Haaren herbeigezogen" bezeichnete Jarolim
die Behauptung Böhmdorfers, dass die Jugendrichter der Schließung
des Wiener Jugendgerichtshofs zustimmen würden.
Den Versuch Böhmdorfers, die Präsidentin der
Richtervereinigung "durch plumpe Andeutung von Parteinähe" zu
dikreditieren bezeichnete Jarolim als "nicht untypisches Vorgehen
Böhmdorfers, der kultivierte Diskussionen scheut, beim Umgang mit
kritischen Stimmen".
Diese "Unfähigekeit, Dialogbereitschaft zu zeigen und den Weg
des Wahrnehmens von Expertenmeinungen zu gehen" spiegle sich "nur zu
gut in der Tatsache, dass sich 1.300 Richter gezwungen sahen, ihre
Ablehnung des Justizministers, der sechs Misstrauensanträge zu
verbuchen hat, in einer Resolution niederzuschreiben", erklärte
Jarolim.
Als Bilanz dieses "blauen Justizexperiments" seien das
misslungene Straf- und Jugendstrafgesetz anzuführen, das
Kindschaftsrecht "mit der höchst gefährlichen Regelung der
gemeinsamen Obsorge", das Sexualstrafrecht, "bei dem ein
hochkarätiger Arbeitskreis für eine umfassende Reform aufgelöst und
statt dessen in gewohnter Manier ohne den nötigen Dialog mit den
Experten Husch-Pfusch-Gesetze erlassen wurden". (APA)
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