Wien - Rat- und Orientierungslosigkeit in der freiheitlichen Partei sehen SPÖ und Grüne angesichts der Aussagen von Justizminister Dieter Böhmdorfer in der Fernseh-"Pressestunde" des ORF. Für SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures ist eines klar: "Haider bleibt auch weiterhin der Fädenzieher". Die von Böhmdorfer erhoffte Kandidatur von Susanne Riess-Passer als Partei-Obfrau und das auf die "Pressestunde" erfolgte Dementi Riess-Passers und auch Herbert Scheibners, den FPÖ-Vorsitz übernehmen zu wollen, zeige, "wie völlig unkoordiniert das Vorgehen innerhalb der FPÖ erfolgt". "Treppenwitz der Geschichte" Die stellvertretende Grünen-Chefin Eva Glawischnig sieht das "Chaos in dieser Partei prolongiert". Hinter den Böhmdorfer-Ausführungen sieht sie "ein Bild des Jammerns und eine weitere Demonstration der Ratlosigkeit innerhalb der sich in Auflösung befindlichen FPÖ". Haider sei für seine Parteikollegen nicht einmal mehr telefonisch erreichbar. "Und Böhmdorfer stammelt von einer Geburtsstunde der Konfliktlösung seiner Partei", so Glawischnig. Der geradezu flehentliche Appell an Riess-Passer, von ihrem angekündigten Rücktritt wieder zurück zu treten, nehmen sich "skurril" aus: "Das wäre ja der Treppenwitz der Geschichte - zuerst wird die Parteichefin weggeputscht und die Partei gesprengt. Und als Konsequenz daraus soll der vorherige Zustand wieder hergestellt werden." "Mit fremden Federn" Die Wahl sei eine Chance, mit dem Brechen der blau-schwarzen Mehrheit das Chaos endlich zu beenden und dem Land faire Chancen für alle zu ermöglichen, so Kuntzl. Wer immer nun als Strohmann Haiders aus dem Hut gezaubert werde, "ist nur ein Garant für das Weiterführen des Chaos, das Österreich die höchste Steuer- und Abgabenquote der Zweiten Republik, die Ambulanzgebühr, die Abschaffung der Frauenpolitik, Verschlechterungen beim Bildungszugang und eine schwere Krise des sozialen Konsens beschert hat". Für ihren Parteikollegen SPÖ-Konsumentenschutzsprecher Johann Maier schmückt sich Böhmdorfer in Sachen Banken zudem "wieder einmal mit fremden Federn". "Die Arbeiterkammer war es, die den Zinsenskandal der Banken aufdeckte und bislang bereits Fälle von über 40.000 geschädigten Konsumenten (Bankkunden) bearbeitet hat." Gusenbauer: Haider will sich vor Verantwortung drücken Was die Entscheidung Haiders betrifft, doch nicht als Parteichef zur Verfügung zu stehen, warf SP-Chef Alfred Gusenbauer dem "einfachen Parteimitglied" vor, sich vor der Verantwortung drücken zu wollen. Alle Wahlversprechen der FPÖ seien gebrochen worden - man stehe vor einer Rekordarbeitslosigkeit, der höchsten Steuer- und Abgabenquote, vom Nulldefizit sei man weit entfernt. Haider stehe damit "vor dem Scherbenhaufen der freiheitlichen Regierungspolitik" und sehe offenbar kaum eine Chance, sich in der Wahlauseinandersetzung positiv darzustellen. (APA)