Innovationen
Virtuelle Universität bietet Kurse in "Schlüsselloch-Chirurgie" an
Straßburger Mediziner bildet weltweit Kollegen per Internet aus
Videoaufnahmen aus dem Operationssaal,
Zeichentrickfilme und Interviews mit international renommierten
Professoren - mit diesen Mitteln bietet die virtuelle Universität
Websurg mit Sitz in Straßburg Chirurgen auf der ganzen Welt
Fortbildungskurse an. Per Internet können sie die neuesten Techniken
im Bereich der minimal-invasiven Chirurgie erwerben. Bei diesen
"Schlüsselloch-Operationen" werden winzige Kameras und Roboter durch
kleine Öffnungen in den Körper eingeführt, der Chirurg lenkt die
Geräte am Computer. Den Patienten bleiben größere Skalpell-Schnitte
erspart, entsprechend rascher kommen sie wieder auf die Beine.Zehn Stunden Internet-Kurse
"Wir bieten gut zehn Stunden Internet-Kurse an, das ist weltweit
die beste Webseite auf diesem Gebiet", versichert ohne falsche
Bescheidenheit Professor Jacques Marescaux, Leiter des
Darmkrebs-Forschungsinstituts (IRCAD) an der Straßburger Universität
und einer der Pioniere der "Schlüsselloch- Chirurgie". Gegen eine
Jahresgebühr von 499 Euro können Ärzte an der virtuellen Universität
inskribieren und am Bildschirm Schritt für Schritt verfolgen, wie
eine minimal-invasive Operation abläuft. Auch an Studenten richtet
sich das Angebot - für sie kostet das Jahresabonnement 99 Euro.
1.300 Chirurgen inskribiert
"Im Durchschnitt bleiben die Teilnehmer 27 Minuten eingeschaltet",
erläutert Herve Maisonneuve, der medizinische Leiter der Webseite.
Nach seinen Angaben sind bisher 1.300 Chirurgen aus aller Welt
inskribiert, darunter auch Ärzte mehrerer deutscher Uni-Kliniken,
etwa der Berliner Charite und aus Hannover. Aber auch in Afrika,
Asien und sogar den USA nutzten Spezialisten die verhältnismäßig
kostengünstige Gelegenheit, um sich weiterzubilden. Dass die
Websurg-Kurse seit kurzem sogar die offizielle Zulassung der
US-Behörden erhalten haben, macht Marescaux besonders stolz. Die
Anfang 2001 gegründete virtuelle Uni sei bisher die einzige
nicht-amerikanische Einrichtung, die US-Ärzte fortbilden dürfe,
betont er.
Jährlicher Kongress
Beim Aufbau von Websurg konnten Marescaux und seine Mitarbeiter
auf mehrjährigen Erfahrungen zurückgreifen: Denn schon seit 1994
bieten sie am Sitz des IRCAD Kurse in Schlüsselloch-Chirurgie an.
Jährlich kommen dazu rund 3.000 Ärzte nach Straßburg. Auf diese Weise
entstand ein Netz von Universitäten, die sich auf minimal-invasive
Operationen und Tele-Chirugie spezialisiert haben. Sie lieferten
einen großen Teil der Videoaufnahmen, die per Mausklick in der
virtuellen Uni
aufzurufen sind.
Hohe Übertragungskapazität
Zu verfolgen ist auch eine Weltpremiere, mit der Marescaux vor
einem Jahr für Aufsehen sorgte: In der ersten transatlantischen
Tele-Operation entfernte er von New York aus per Computer einer
68-jährigen Frau in Straßburg die Gallenblase. Ermöglicht wurde dies
durch Glasfaserkabeln mit außerordentlich hoher
Übertragungskapazität, über die die Bilder in nur 130 Millisekunden
über den Atlantik gesendet wurden.(APA/Amelie Bottollier-Depois/AFP)