Graz/Wien - Jetzt ist Justizminister Dieter Böhmdorfer am Zug. Die Staatsanwaltschaft hat ihren Vorhabensbericht in der Grazer "FPÖ-Sexaffäre" abgefasst und der Oberstaatsanwaltschaft (OSTA) übergeben. Und OSTA-Chef Heimo Lambauer schaltete am Freitag das Justizministerium ein. Ressortchef Böhmdorfer wird nun entscheiden, ob gegen den ehemaligen Grazer FPÖ-Spitzenpolitiker Ferdinand Spielberger Anklage erhoben wird oder nicht.Die Grazer Justiz will, so viel ist mittlerweile durchgesickert, Spielberger wegen sexuellen Missbrauchs anklagen. Ihm drohen im Falle einer Verurteilung bis zu drei Jahre Haft. Der ehemalige Stadtrat, der nach wie vor als FPÖ-Obmann im Grazer Bezirk Andritz fungiert, müsste sich einem Schöffensenat stellen. Spielberger hatte wegen einer - vom STANDARD aufgedeckten - Sexaffäre zuletzt auch als Gemeinderat zurücktreten müssen. Zwei ehemalige Mitarbeiterinnen hatten ihn beschuldigt, sie jahrelang - vorwiegend in seinem Stadtratsbüro - sexuell massiv belästigt zu haben. Über die Vorfälle hatten die zwei Frauen im Beisein des ehemaligen Infrastrukturministers Michael Schmid, Staatssekretärin Mares Rossmann und einem Anwalt ein Protokoll verfasst. Die ehemaligen Spielberger-Untergebenen berichten darin über zum Teil heftige sexuelle Bedrängungen, denen sie ausgeliefert gewesen seien. Von anzüglichen Fotoshootings war die Rede ebenso wie von sexuellen Übergriffen. Spielberger bestritt die Vorwürfe vehement, trat dann aber im Sommer als Gemeinderat zurück. Jetzt, im Lichte der politischen Debatten über die Sexaffäre, wurde auch bekannt, dass Spielberger vor vier Jahren wegen der Vorfälle von der Parteispitze gezwungen worden war, auf seinen Stadtratssessel zu verzichten. Er wurde in den Gemeinderat "verbannt", die Affäre selbst aber vertuscht. Der Öffentlichkeit wurde von der FPÖ-Spitze vorgegaukelt, Spielberger würde sich krankheitshalber zurückziehen. Offen bleibt noch die Frage, inwieweit der Grazer FPÖ-Chef, Vizebürgermeister Peter Weinmeister, informiert war. Wird ihm "Mitwisserschaft" nachgewiesen, könnte dies die Graz-Wahl im Jänner 2003 beeinflussen. (Walter Müller - DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 14.9.2002)