EU
EU-Kandidaten wollen beim Beitritt kein Geld verlieren
Slowenien und Tschechien wären nach ihrem EU-Beitritt nicht nur finanziell schlechter gestellt - sie würden sogar zu Nettozahlern
In Slowenien sorgten die internen Berechnungen der EU-
Kommission bereits die ganze
Woche für großen Wirbel. Und
auch in Tschechien gab es Unruhe: In den künftigen Referenden über den EU-Beitritt
wäre eine Nettozahlerposition
der Neuen gefundenes Fressen für die Europagegner. Die
EU-Kommission möchte das
Problem am liebsten mit einer
Pauschale lösen, die bisherigen Nettozahler zögern.Am gestrigen Freitag diskutierten nun Vertreter der EU-
15 mit Vertretern der Kandidaten die Brüsseler Berechnungen. Bisher war das interne
Kommissionspapier, das dem
Standard
vorliegt, nur im
Kreise der 15 hinter verschlossenen Türen debattiert
worden. Doch schon dort erkannten alle die politische
Brisanz: Immer war den EU-
Kandidaten in Mittel- und
Osteuropa versichert worden,
dass sie durch den Beitritt finanziell nicht schlechter gestellt würden also zuvor.
Nach den Zahlen der Kommission wurde aber klar:
Nicht nur Zypern und Malta
würden wie erwartet mit ihrer Aufnahme ab 2004 EU-Nettozahler. Auch Slowenien wird
auf absehbare Zeit mehr EU-
Beiträge überweisen müssen,
als es an Agrarhilfen, Strukturförderung oder spezielle
Beitrittsunterstützung bekommen würde. Für Tschechien wäre dies zumindest
2004, dem Beitrittsjahr, der
Fall (siehe Tabelle). Nun
fürchtet man in Ljubljana und
Prag um die Stimmung bei den
Referenden über den EU-Beitritt im kommenden Jahr.
EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen demonstrierte bereits Verständnis: "Politisch und psychologisch ist es völlig unannehmbar, dass die ärmsten Mitglieder der Union in den ersten
Jahren ihrer Mitgliedschaft
Nettozahler ins gemeinsame
Budget wären." Im derzeitigen
Ringen der EU-15 um eine
gemeinsame Position für die
Finanzierung der Erweiterung
schlägt die EU-Kommission
daher vor, den Kandidaten die
gesamten finanziellen Nachteile am Anfang mit einer Pauschalzahlung auszugleichen.
Für Tschechien wären das im
Jahr 2004 runde 342 Mio. Euro, für Slowenien 174 Mio.
und für Ungarn 180 Mio.
Den alten Nettozahlern
missfällt das - und bis zu den
deutschen Wahlen wird sich
ohnehin nichts bewegen. Dabei existiert schon ein weniger
teurer Kompromissvorschlag:
Den Kandidaten könnte zumindest garantiert werden,
dass sie zunächst nicht mehr
zahlen, als sie bekommen.
Deutlich wird zurzeit aber
auch ein anderes Problem:-
Die Verwendung der Mittel.
EU-Agrarkommissar Franz
Fischler redete am Donnerstag
bei seinem Polen-Besuch dem
dortigen Parlament ins Gewissen. Brüssel beobachtet mit
Sorge die Personalpolitik in
Polens Sapard-Agentur, die
die Agrarhilfen verwaltet.
Fischler mahnte daher, dass
bei nicht korrekter Verteilung
EU-Mittel auch wieder zurückgefordert würden. (DER STANDARD, Printausgabe, 14./15. 9. 2002)