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Montage, Foto: Reuters/Heinz-Peter Bader
... Reinhold Lopatka, hat in der "Presse" sein Dilemma in einem Satz zusammengefasst. "Wir müssen klarmachen, daß alles andere als ein Bundeskanzler Schüssel für die Republik schlecht ist." Damit brachte er von Anfang an eine launige Note in die harten Auseinandersetzungen, die auf die Bevölkerung zukommen, wofür man dankbar sein muss.

Aber nicht einmal in der ÖVP dürften da viele mitlachen. Fürs Erste mussten sie Schüssel als Spitzenkandidaten zwar schlucken, aber ab sofort nimmt ihnen ein anderer die konstruktive Vorarbeit für die Zeit nach den Wahlen ab - einer, der von Schüssel grob vernachlässigt wurde, obwohl er nie anderes im Sinn hatte, als zum Wohl der Republik zu wirken. Hans Dichand hat sich in Koalition mit Landeshauptmann Pröll für Innenminister Ernst Strasser entschieden. Und er ist bekannt dafür, dass er in der "Kronen Zeitung" auch durchzieht, was er sich einmal vorgenommen hat.

Dass die "Krone" es gern mit den Innenministern hält, ist eine Tradition seit Franz Olah, um deren Pflege sich auch Strassers roter Vorgänger Karl Schlögl aufopfernd verdient gemacht hat. Wir dürfen also nicht überrascht sein, wenn dort ab sofort neben Bürgermeister Häupl und Stadtrat Werner Faymann auch Ernst Strasser mehrmals wöchentlich in effigie aufscheint.

Mittwoch musste der Innenminister das Foto noch mit dem Bundeskanzler teilen, aber doch zu seinen Gunsten. Blau gewandet stand er voll sichtbar im Zentrum, während Schüssel, von einer schmucken Uniform weitgehend verdeckt, zur Nebenfigur degradiert war. Für den Hochwassereinsatz der Wiener Alarmabteilung WEGA zollten Kanzler Schüssel und Minister Strasser den Einsatzkräften höchstes Lob. Das war gewiss verdient, aber dass der Hauptzweck der Veranstaltung das Hochwasser war, das der Volkspartei bis zum Hals steht, ließ sich nicht verbergen. Der Besuch in der Roßauer Kaserne war zugleich der Wahlkampfauftakt der ÖVP.

Donnerstag war Strasser den lästigen Begleiter los, ungestört vom offiziellen Spitzenkandidaten durfte er dem Pakt mit Dichand frönen: "Cobra" dankt und ehrt die "Krone". Diesmal zeigte das Foto den Herausgeber, wie er in staatsmännischer Pose und in Begleitung des Innenministers ein Spalier stramm stehender Uniformierter abschreitet: "Krone"-Herausgeber Hans Dichand, flankiert von Innenminister Ernst Strasser und "Cobra"-Kommandant Wolfgang Bachler, beim Abschreiten der Ehrenformation im "Cobra"-Hauptquartier.

Der Dank aus dem Innenressort kam von Herzen und war in die Zukunft gerichtet. "Wir sagen ein herzliches Dankeschön an "Krone"-Herausgeber Hans Dichand und seine Redaktion für die Unterstützung unserer Arbeit." Innenminister Ernst Strasser und der Kommandant des Einsatzkommandos "Cobra", Wolfgang Bachler, waren Mittwoch mit ihren Männern in der Kaserne angetreten, um auf diese Weise "Krone"-Chef Dichand zu ehren.

Schön, wie bei dieser Gelegenheit in weltweiten Zusammenhängen gedacht wurde. Die international bekannte Anti-Terroreinheit hatte den 11. September für diesen Anlass ausgewählt, um "die Treue und das Verständnis, das die ,Krone' und", wie Minister Strasser und Brigadier Bachler betonten, "dort ganz besonders die Lokalredaktion für die oft schwierige und gefährliche Arbeit hat, ganz besonders zu würdigen". Dass ganz besonders die Lokalredaktion Treue und Verständnis für oft schwierige und gefährliche Arbeit hat, wird nach der heldenhaften Demaskierung der Rubens-Oma durch dieselbe niemanden verwundern.

Aber nicht nur die Lokalredaktion, auch der Herausgeber wurde nicht ohne Hintersinn speziell gewürdigt. Der Innenminister und der "Cobra"-Kommandant bedankten sich bei Dichand vor allem dafür, "dass er und damit die ,Kronen Zeitung' auch in manchmal schwierigen Zeiten - und sind Wahlzeiten das nicht immer? - stets voll hinter der Arbeit der Polizisten, Gendarmen und Kriminalbeamten steht". Und damit natürlich hinter der Arbeit von Catos neuem Spitzenkandidaten.

Günther Nenning hat schon apportiert. Wolfgang Schüssels politischer Lebensfaden ist abgeschnitten. . . Wenn ihn die ÖVP jetzt wirklich als Spitzenmann in den Wahlkampf ziehen lässt, grenzt dies an Tierquälerei. Er wird sich tapfer abstrampeln und hat doch keine Zukunft vor sich. Und Nenning kennt seine Funktion als his masters voice bis ins Detail. Es wird - ohne Schüssel - ein neues rot-schwarzes Zusammenleben geben. Gusi ist ja nicht so attraktiv, aber Häupl schon, als Vater der Nation. Schüssel ist nicht so attraktiv, aber vielleicht Strasser oder gar Pröll.

Also Pröll nicht, der soll ja Klestil nachfolgen. Aber ein Innenminister, der Dichand dankt und ehrt, ist attraktiv auch für höhere Ämter.
(DER STANDARD, Printausgabe, 13.9.2002)