Salzburg - Es ist eine riesige Blamage für die österreichischen Justizbehörden: Da für den Prozess um die Brandkatastrophe im Stollen der Standseilbahn auf das Kitzsteinhorn nicht genügend Schreibkräfte zur Verfügung stehen, sah sich Richter Manfred Seiss am Donnerstag gezwungen, das Verfahren bis 23. September zu vertagen.Danach soll aufgrund des Personalmangels nur mehr jede zweite Woche verhandelt werden. Wie vom STANDARD berichtet, liegen noch nicht einmal alle Protokolle der ersten Verhandlungsphase vom Juni dieses Jahres vor. Die Verzögerung dürfte auch international für Aufsehen sorgen. Immerhin steht das Verfahren um die größte Brandkatastrophe der Zweiten Republik unter Beobachtung zahlreicher ausländischer Medien. Unter den 155 Menschen, die am 11. November 2000 ihr Leben verloren, waren Deutsche, US-Amerikaner und Japaner. Die Vertagung des Verfahrens war aus Sicht der Juristen notwendig, da es ohne Protokolle weder für Staatsanwaltschaft noch für die Verteidiger der 16 Angeklagten oder die Privatbeteiligten möglich ist, die Zeugen zu befragen. Die Verteidiger bestreiten strikt, an der Prozessverschleppung interessiert zu sein. Verteidiger Wolfgang Brandstetter betont gegenüber dem STANDARD, wie heikel das Verfahren sei. Nach den Aussagen der Mitarbeiter der Kriminaltechnischen Zentralstelle (KTZ) sei nämlich die Unfallursache noch längst nicht eindeutig klar. KTZ-Leute hatten angegeben, sie könnten sich auch andere Zündquellen vorstellen als den Heizlüfter im Führerstand. Fehlende Schreibkräfte sind aber nicht das einzige Hindernis am Weg zu einem Urteil. Wie ein Prozess-Insider dem STANDARD berichtete, stünden am Landesgericht Salzburg auch nicht genügend Kopierer zur Verfügung. Somit könnten die Unterlagen den Beteiligten nicht rechtzeitig zugestellt werden. Daher sollen in Zukunft nur für einen Verteidiger Kopien erstellt werden, der diese wiederum in Eigenregie seinen Kollegen zustelle. Ob der ursprüngliche Plan von Richter Seiss, noch heuer ein Urteil zu sprechen, angesichts der Personalnot halten wird, darf bezweifelt werden. Damit entstehen aber neue Probleme: Das Kolpinghaus steht für den Prozess nur noch bis Ende Oktober zur Verfügung. (neu, DER STANDARD Printausgabe 13.9.2002)