Princeton/Cambridge/Wien - Durch ein Wechselbad der Gefühle gehen derzeit Forscher, die Klonen als Weg zu Stammzellen und eines Tages zu Therapien sehen. Denn während zwei Forscherteams eben viel versprechende Genprofile dieser Zellen erstellen, muss eine andere Gruppe feststellen, dass bei Klonen abnorme Genaktivität ganz normal ist.Welche Gene in Stammzellen für besondere (Protein-) Aktivität sorgen, ist eine Schlüsselinformation. Damit könnte die Biomedizin eines Tages vielleicht die Wandelbarkeit der Reservezellen kontrollieren. Harvard-Forscher Doug Melton und ein Team um den Molekularbiologen Ihor Lemischka in Princeton, New Jersey, legen die Information nun dank Bioinformatik vor (Science online). Der Inhalt: Verschiedene Stammzellarten - embryonale und adulte wie Nerven-Stammzellen - wiesen eine Gemeinsamkeit auf: "Eine gemeinsame Gruppe von Genen" zeigte besondere Proteinaktivität, sagt Zellbiologe Melton: genau 216 von 12.000 untersuchten Genen. "Eine molekulare Unterschrift" heißt das stammzell-typische Genprofil in Princeton, wo neben Mäusezellen auch menschliche Blut-Stammzellen untersucht wurden. Über diese Gene dürften die Fähigkeiten der Stammzellen gesteuert werden. Daher will man nun die Funktion dieser Gene ergründen und so auf biochemische Pfade stoßen, über die die gesuchten Selbsterneuerungs- und Differenzierungssignale laufen. In der Bibliothek des Lebens wurde damit das (unkomplette) Lexikon für Gewebsersatz aufgestöbert. Nun gilt es, - um im Bild zu bleiben - das mehrbändige Werk zu entziffern. Gendefekt nach Klonen Einer, der die Bibliothek des Lebens kennt wie kaum jemand, der Humangenom-Sequenzierer Eric Lander, und Klonforscher Rudolf Jaenisch haben am Massachusetts Institute of Technology mit ähnlichen biostatistischen Methoden Mäuseklone auf Gendefekte untersucht (Proceedings of the National Academy of Sciences online). Klonen gilt ja als möglicher Weg zu Stammzellen (und einigen Außenseitern der Fortpflanzungsmedizin als Weg zum Kind). In den letzten Monaten erblickten einige Nutz-und Haustierklone scheinbar gesund das Licht der Welt - und endeten nicht, wie die meisten Klone, als Totgeburten oder Krüppel. Doch Erfolgsmeldungen sind verfrüht, belegt nun die Lander-Jaenisch-Studie an Mäusen aus zwei verschiedenen Klontechniken: "Unsere Ergebnisse zeigen häufige abnormale Genexpression bei Klonen", so die Topforscher. Besonders gelte dies bei Zellkerntransfer, und ganz besonders, wenn dieser bei an sich schon genetisch instabilen Embryostammzellen aus Laborkulturen angewandt wird. (Roland Schönbauer/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13. 9. 2002)