Inland
Haupt will "Übersetzer" Haiders sein
Der FPÖ-Neo-Spitzenkandidat will im Wahlkampf "ausgleichend" wirken, schließlich sei er vom Sternbild "Waage"
Wien - Der freiheitliche Spitzenkandidat für die
Nationalratswahl, Sozialminister Herbert Haupt, will sich im
Wahlkampf ausdrücklich für den sprichwörtlichen "kleinen Mann"
einsetzen. Demgemäß auch seine vorrangigen Anliegen:
Inflationsabgeltung bei den Pensionen, erster Schritt der
Steuerreform im ersten Halbjahr 2003, grundsätzlich mehr Geld für
Bezieher kleiner Einkommen. Bei den Themen Temelin und Benes will
Haupt hart bleiben. Den parteiinternen Streit sieht er gelassen: "Wir
haben alle Fehler gemacht. Zum Streiten braucht man aber immer Zwei",
so Haupt im APA-Interview am Donnerstag.Freude
Dass er gestern von den FPÖ-Gremien als Wahlkampf-Frontmann
auserkoren worden ist, freut Haupt sichtlich. Und dass es explizit
mit Hinblick auf den "kleinen Mann" geschehen sei, empfinde er
keineswegs als Herabwürdigung, sondern als Auszeichnung: "Ich bin
bekannt dafür, die Wahrheit zu sagen und trotzdem mit dem Mann von
nebenan zu können", betont Haupt. Er freue sich über die breite
Zustimmung, die er gestern bekommen habe.
"Übersetzer und Erklärer der Haiderschen Ideen"
Im Wahlkampf will Haupt ausgleichend wirken. Eine Frontfrau an
seiner Seite würde er begrüßen, auf einen Namen legt er sich jedoch
nicht fest: Sowohl Ursula Haubner als auch Mares Rossmann würden ihn
unterstützen. Auf die Frage, ob man Jörg Haider angesichts dessen
Verhalten in den vergangenen Wochen noch vertrauen könne, meint
Haupt: "Haider ist in seiner Gedankenwelt den Menschen meist voraus.
Viele seiner Konzepte, die heute wie Bocksprünge ausschauen, sind
später erst nachvollziehbar". Daher will er, Haupt, als "Übersetzer
und Erklärer" der Haiderschen Ideen und Vorhaben wirken.
Integrationsfigur
Haupt sieht sich auch als Integrationsfigur. Er will all jene
wieder ins freiheitliche Boot bekommen, die abgesprungen sind oder
weg wollen: "(Hubert) Gorbach wird wieder als stellvertretender
Parteichef dabei sein", freut sich Haupt. "Ich habe versucht, beide
FP-Lager zu versöhnen, beide haben mir Unterstützung im Wahlkampf
zugesagt. Das ist eine gute Ausgangsbasis". Was ist mit dem
interimistischen FPÖ-Geschäftsführer Herbert Scheibner? "Scheibner
hat massive Schwierigkeiten. Er hat einen Auftrag Riess-Passers
(Vizekanzlerin, die die FP-Leitung zurückgelegt hat, Anm.) korrekt
ausgeführt, und ist unverdienterweise von manchen, die das nicht
gewusst haben, als 'Brutus' denunziert worden".
Sternbild Waage
Riess-Passer werde beim Parteitag am 21. September ordnungsgemäß
ihre Geschäfte übergeben, dann "wird man sehen, ob und welcher Form
sie noch in der FPÖ mitarbeiten wird. Ich würde es gern sehen, wie
sie dabei ist". Das Vermitteln, die gemeinsame Zukunft in der FPÖ,
sei ihm großes Anliegen, "das ist vielleicht meine Stärke.
Schließlich bin ich Sternbild Waage, ausgleichend und tarierend".
Ein Mehrstufenplan für die Steuerreform soll "in den ersten drei
Monaten 2003 vorliegen, der erste Entlastungsschritt im ersten
Halbjahr 2003 erfolgen", sagt Haupt. Die Steuerbefreiung will er
anheben, genaue Summe dafür hänge von den Wirtschaftsexperten ab.
Temelin: Veto bleibt aufrecht
Stichwort Temelin: "Das Veto bleibt aufrecht, wenn sich Tschechien
nicht bewegt. Es muss ein klares Ausstiegsszenario geben, das die
Sicherheit der österreichischen Grenzbereiche gewährleistet. Sonst
gibt es keine Ratifizierung im österreichischen Parlament". Auch im
Fall der Benes-Dekrete erwartet Haupt Beweglichkeit der Tschechen.
Was die Pensionen anlangt, ist Haupt dafür, noch vor der Wahl die
Nettoanpassung aufzuheben und zu einer Inflationsabgeltung
überzugehen.
Für alte und behinderte Menschen besonders einsetzen
Für alte Menschen und Behinderte will er sich besonders einsetzen,
für entsprechende Berufe strebt er eine einheitliche Ausbildung an.
Anliegen sei ihm auch die Absicherung der Frauenpensionen, ein Scheck
für Sachleistungen für behinderte Menschen zusätzlich zum Pflegegeld
und - last but not least - ein bundesweites Tierschutzgesetz.
Glaube an mehr als 20 Prozent
Haupt glaubt, dass mehr als 20 Prozent Stimmanteil für die FPÖ bei
der Wahl erreichbar sind. Dann ist er für eine Neuauflage von
Blau/Schwarz. "Andere Option haben wir nicht, die Sozialdemokraten
haben ja schon vor der Wahl die Tür zugeworfen". Aber - auch in
dieser Beziehung sieht er noch nicht aller Tage Abend: "Ich bin
bekannt für meine gute Gesprächsbasis mit allen Fraktionen und auch
Haider hat in Kärnten wechselnde Mehrheiten erzielt".
Weiterregierung als Ziel
Haupt strebt an, auch in der nächsten Legislaturperiode als
Sozialminister zu arbeiten: "Ich will jene Aufgaben, die noch nicht
umgesetzt sind, fertig machen". Dazu zählten die endgültige
Einführung der Chipkarte, die Zusammenführung der
Versicherungsanstalten, Reformen im Gesundheitsbereich. Und wenn es
für die Regierung nicht reicht? "Dann werde ich im Parlament weiter
meine Aufgaben erfüllen".
"Fleischgewordene Belastungswelle"
Die Opposition schießt sich
auf Haupt als "fleischgewordene Belastungswelle" ein.
Nur hinter vorgehaltener
Hand thematisiert wurde
Haupts angeschlagener Gesundheitszustand: Er leidet
unter Hepatitis C, ist derzeit
aber nach eigenen Angaben
virenfrei. (APA/eli, jub, mue/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.9.2002)